Mülheim. .
Gibt es bald Städte ohne Kirchturm? Oder: Wie geht Kirche mit Frauen um? Oder: Welche Rolle spielt Macht in der Gesellschaft – und in der Kirche? Letzteres ist für den Direktor der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“, Dr. Michael Schlagheck, fast schon eine Art „Schlüsselthema“ der Kirche, weil es etwa auch bei den Missbrauchsfällen letztlich um eine Machtausübung gehe. „Die Wolfsburg“ will noch stärker kritische Themen aufgreifen als bisher, noch viel stärker sich auf gesellschaftliche Entwicklungen einlassen.
An die 27.000 Gäste aus ganz Deutschland kommen inzwischen jährlich in die Akademie am Speldorfer Wald. Junge wie alte Menschen, Hochschullehrer wie Handwerker, Unternehmer wie Gewerkschafter, Politiker wie Priester, und es sind Menschen dabei, die weit weg von Kirche stehen. Neugierig sein und neugierig machen auf andere Lebensdarstellungen, versuchen, andere zu verstehen, auch, um Gemeinsamkeiten zu entdecken, das sind für Schlagheck Ziele des Aufeinandertreffens. Er vergleicht es mit dem Erlernen einer neuen Sprache. Auch das sei zunächst mühselig, aber wer sich darauf einlasse, verstehe später mehr – und mehr Menschen.
Verschwindet die Kirche aus den Städten
„Es wäre aus meiner Sicht ein großer Fehler, wenn sich Kirche ängstlich zurückzöge“, ihre Reihen schließe, auf gesellschaftliche Entwicklungen nicht mehr reagiere. „Die Wolfsburg“ ist ein Ort von Kirche im Bistum. Der große Zuspruch spiegelt für Schlagheck auch wider, dass die Menschen für Kirche andere Orte suchten. „Das muss nicht mehr die Gemeinde sein, in der man wohnt.“
Kirchen schließen, werden aufgegeben, manche abgerissen, Gemeinden gehen in anderen auf: Wird es die Stadt ohne Kirchturm eines Tages geben? Wie weit wird der Rückzug noch gehen? Die Frage, wie sich kirchliche Präsenz künftig in den Städten des Ruhrgebietes zeigt, wird eines der großen Themen der Akademie sein, die dazu in die Innenstadt, in die „Wertstadt“, geht und unter anderem mit dem Bau- und dem Planungsdezernenten diskutiert.
Ethik im Sport
Kritische Themen aufgreifen! Das kirchliche Arbeitsrecht hält die Gewerkschaft für „vordemokratisch“. Der Verdi-Bundesvorstand und die Spitze des Deutschen Caritasverbandes werden darüber mit einem Hochschul-Professor für Jura in der „Wolfsburg“ streiten.
Eine Besonderheit hebt Schlagheck aus dem Akademie-Programm hervor: Einmal im Jahr treffen sich Trainer aus dem Spitzensport in Speldorf und diskutieren drei Tage lang über Ethik im Sport: Hat dies angesichts des internationalen Leistungsdrucks überhaupt noch eine Chance? Für Schlagheck ein gutes Beispiel dafür, dass „wir unsere Überzeugungen auch dort einbringen, wo man mit Kirche erstmal nicht rechnet.“