Mülheim. .
Die Polizei meldete am Mittwoch einen Unfall aus Speldorf: Eine 78-Jährige hatte am Steuer ihres Autos einen parkenden Wagen touchiert und war dann einfach weitergefahren.
Eine Zeugin, deren Hupen ignoriert wurde, konnte die Unfallfahrerin nur stoppen, indem sie sich mit ihrem Wagen vor das Fahrzeug der Seniorin setzte. Weil die 78-Jährige gegenüber der Polizei angab, vom Unfall nichts bemerkt zu haben und zudem desorientiert und verwirrt wirkte, musste sie ihr Auto stehen lassen und wurde von den Beamten nach Hause gebracht. An die Straßenverkehrsbehörde wurde ein Bericht geschickt mit dem Zusatz, die Fahrtauglichkeit der Seniorin zu überprüfen.
Kein Einzelfall
Ein Einzelfall? Mitnichten. Die Überprüfung der Kraftfahreignung von Senioren sei ein großes Thema, sagt Reinhard Kleibrink, Leiter des Bürgeramtes. „Die Fallzahlen, bei denen Ältere aufgefallen sind, sind in den letzten Jahren drastisch angestiegen.“ Er schätzt, um etwa den Faktor 10. Für den Amtsleiter liegt die Ursache im demografischen Wandel: Wenn alle immer älter werden, nimmt auch die Zahl der Fahrer, die unter Altersverwirrtheit leiden, die desorientiert sind, zu.
Das sei, betont Reinhard Kleibrink, aber keine Frage des konkreten Lebensalters. Zu Recht kenne das Führerscheinrecht keine starren Altersgrenzen: „Es gibt den gesunden 90-Jährigen, der noch top Auto fahren kann. Und es gibt den kranken 60-Jährigen, der desorientiert ist, und wo man die Fahrerlaubnis besser entzieht. Das ist immer eine Einzelfallentscheidung.“ Reinhard Kleibrink und seine Mitarbeiter wissen um die Sensibilität des Themas. Noch Auto fahren zu können bedeutet, auch im Alter mobil und unabhängig zu sein, sich selbst versorgen zu können, Besuche zu machen, das Grab des Ehepartners selbst zu pflegen.
Auch Kinder und Ekelkinder machen sich sorgen
Es sei auch beileibe nicht immer so, dass die Polizei Autofahrer mit altersbedingten Ausfallerscheinungen aus dem Verkehr zieht. „Es kommen auch verzweifelte Söhne, Töchter, Enkel zu uns, die sich Sorgen um ihre Angehörigen machen“, erzählt Kleibrink. „Wer dement ist und keine Einsicht hat, der kann die Tragweite seines Tuns nicht mehr erfassen. Wir laden die Senioren dann zu uns ein, um uns selbst ein Bild zu machen.“
Um eine Kraftfahreignung zu überprüfen, kann die Straßenverkehrsbehörde ein ärztliches Gutachten anfordern oder eine Fahrprobe mit einem TÜV-Sachverständigen verlangen. „Die meisten verzichten nach einer negativen Begutachtung freiwillig auf ihren Führerschein“, weiß Kleibrink. Es gibt auch Senioren, die die Fahrerlaubnis irgendwann von allein abgeben, obwohl sie nie aufgefallen sind.