Duisburg/Mülheim.

Halbzeit im Centaplan-Prozess vor dem Landgericht Duisburg. Dort muss sich seit Mitte September der 47-jährige Ex-Vorstand der Centaplan AG und Geschäftsführer der Partnerfirma HT Bauübernehmung GmbH, beide in Duisburg ansässig, wegen Insolvenzverschleppung, Ver­nichtung von Geschäftsun­terlagen und gewerbsmäßigen Be­trugs verantworten. Beide Firmen waren auch in Mülheim im Bauträgergeschäft tätig. Nach zehn Verhandlungstagen hat sich die Wirtschaftsstrafkammer jetzt in die Herbstferien vertagt.

Der Angeklagte wies Betrugsvorwurf zurück

Die Staatsanwaltschaft wirft dem heutigen Unternehmensberater vor, durch verzögerte Beantragung der Insolvenz und weiteres Abrufen von Werkvertragsraten zwischen Herbst 2008 und Sommer 2009 bei 30 Hauskäufern ei­nen ­Betrugsschaden von rund 1,4 Mio Euro verursacht zu haben. Der ­Angeklagte wies dies weitgehend zurück, räumte eine geringe Verzögerung für die Centaplan ein.

So ist das Gericht gezwungen, die letzten Jahre der Tätigkeit beider Firmen haarklein un­ter die Lupe zu nehmen. Eine Vielzahl von Zeugen wurde gehört: ehemalige Mitarbeiter, betroffene Bauherren auch aus dem Baugebiet Auf dem Bruch in Dümpten und Dienstleister. Centaplan selbst war mit dem Erwerb von Grundstücken befasst, die an Bauherren weiterverkauft und von der HT bebaut wurden. ­Erhebliche Verzögerungen dabei hatten im Frühjahr 2009 zu öffentlichen Protesten betroffener Bauherren geführt. In der Folge blieben Neukunden aus.

Firmen wurden lax geführt

Der Prozess förderte bis jetzt ­zutage, dass beide Unternehmen äußerst lax geführt wurden. Der ehemalige „Hobbystudent“ der Wirtschaftswissenschaften räumte ein, sich mit Buchführung und ­Bilanzierung schwer ge­tan zu haben. Die großen Grundstückskäufe waren meist problematisch. In Duisburg-Buchholz wurden nur 10.000 von 650.000 Euro bezahlt, in Dümpten mit dem Verkäufer lange prozessiert. Und in Oberhausen wurde das für die Erschließung nötige Geld nur auf einem vermutlich gefälschten Kontoauszug nachgewiesen.

Dagegen wurden den Bauherren unter Zeitdruck Verträge zugemutet, die sie auf Gedeih und Verderb an die Gruppe banden, wurden teils wackelige 100-Prozent-Finanzierungen vermittelt und die Bauraten meist schon vor Fertigstellung der Gewerke abverlangt. Der Angeklagte verteidigte sich, sie hätten doch unterschrieben und seien meist selbst mit Zahlungen im Rückstand gewesen. Der Insolvenzverwalter habe gar keinen Wert auf Übernahme aller Akten gelegt. Im übrigen hätten die ­Medien-Berichte ihm die Existenzgrundlage entzogen.

Der Gerichtsvollzieher war ständiger Gast

Eine Fülle von Details über das Firmenleben führte der Prozess bislang zutage. So kassierte der Angeklagte bis zur Pleite seine beiden Monatsgehälter von zusammen 12.500 Euro und fuhr eine der teuersten Mercedes-Limousinen als Firmenwagen, ist aber nach eigenen Angaben völlig vermögenslos. Seine Frau, zugleich Gesellschafterin der HT, bezog dafür, dass sie Firmenkontakte herstellte, etwa zwei Jahre lang monatlich weitere bis zu 2500 Euro Honorar - plus Firmenwagen. Selbst eine Angestellte mit nur 1800 Euro Bruttogehalt fuhr einen Firmenwagen.

Schon seit Anfang 2008 stand der Gerichtsvollzieher bei Centaplan und HT mindestens einmal im Monat auf der Matte - selbst für Krankenkassen-Beiträge von 570 Euro. Fällige Steuer(voraus)zahlungen wurden fast immer erst kurz vor Zwangsvollstreckung ­beglichen. Gleichzeitig sammelten sich in einer schwarzen Barkasse Beträge von zeitweise über 300.000 Euro an. Über ihren Verbleib fehlen die meisten Nachweise.

Vor diesen Geschäftspraktiken will der für die Buchführung zuständige Oberhausener Steuerberater den Angeklagten aber nie gewarnt haben. Er trug als Zeuge vielmehr demons­trativ Gleichgültigkeit zur Schau. Auch etliche Ex-Mitarbeiter wollten vom Niedergang der Firmen und von einem systematischen Hinhalten der Bauherren nichts bemerkt haben. Aufsichtsratsvorsitzender war ein Mitarbeiter auf 400-Euro-Basis. Seine Tätigkeit bestand aus einem Abendessen mit dem Chef.