Mülheim. .
„Die Kirche kann mehr bieten als der Fernseher oder das Fitness-Studio“, findet Ina Kriege-Egert. Und das darf und will sie künftig regelmäßig auch im Gottesdienst der Evangelischen Kirchengemeinde Heißen beweisen. Die 41-Jährige hat sich zur Prädikantin ausbilden lassen, feierte kürzlich in der Erlöserkirche ihre Ordination. Nun darf sie all das tun, was sonst nur Pfarrerinnen und Pfarrern vorbehalten ist - predigen, aber auch taufen, trauen, das Abendmahl reichen und Trauergottesdienste halten.
Eine Anfängerin am Altar ist die gebürtige Münsterländerin nicht. Schon seit Jahren zählt sie zum Gottesdienst-Team, das Pfarrer Wolfgang Sickinger unterstützt. „Mit der Ordination erhält man die Erlaubnis, auch eigenständig Gottesdienste abzuhalten. Die Rheinische Landeskirche beauftragt die Prädikanten offiziell mit der Wortverkündung und der Sakramentsverwaltung - vorausgesetzt sie haben an einer umfangreichen Fortbildung inklusive Abschlussprüfung teilgenommen“, erklärt Ina Kriege-Egert.
Diese nebenberufliche Schulung steht sowohl kirchlichen Mitarbeitern wie auch Laien offen. Ina Kriege-Egert ist hauptamtlich bei den Heißener Protestanten beschäftigt. Von 2000 bis 2007 war sie als Jugendleiterin in der Gemeinde aktiv, zurzeit befindet sie sich jedoch in Elternzeit. Von Kirche und Gemeindehaus kann sie das allerdings nicht fernhalten. Sie gestaltet ehrenamtlich Kindergottesdienste und Kinderbibelwochen und leitet gemeinsam mit ihrem Mann Tobias zwei Jugendbibelkreise.
Familie war kirchlich orientiert
Mit Religion und Kirche ist die Mutter eines fünf-jährigen Sohnes schon aufgewachsen. „Meine Familie war kirchlich orientiert, ich habe als Jugendliche Kindergruppen in meiner Heimatgemeinde geleitet. Und unser Pfarrer hat mich letztendlich dazu motiviert, ein Theologie-Studium zu absolvieren“, erinnert sie sich. Es verschlug sie nach Heidelberg und – nach dem Examen – leider in eine Zeit, in der es zu wenige Vikariatsstellen gab. „Ich konnte kein Vikariat machen und habe mich deshalb nach einem Job in der Jugendarbeit umgeschaut.“ Sie fand ihn in Heißen. Und studierte zusätzlich Sozialpädagogik an der FH Bochum.
Mit der Ordination hat Ina Kriege-Egert nun doch das erreicht, was sie immer schon wollte – sie kann „pastorale Dienste leisten“. Anderthalb Jahre hat sie sich in der Prädikanten-Ausbildung darauf vorbereitet - in Fortbildungswochen und Wochenend-Seminaren, die unter anderem im theologischen Zentrum der Evangelischen Landeskirche in Wuppertal stattfanden.
„Wir haben uns mit der Liturgie befasst, mussten innerhalb von fünf Stunden eine Predigt schreiben und dann auch halten“, berichtet die 41-Jährige. Auch das evangelische Gottesdienstbuch und das Gesangbuch wurden studiert. Schließlich beschäftigten sich die angehenden Prädikanten mit den Sakramenten wie Taufe, Abendmahl und Beerdigung. „Da haben wir ganz praktische Dinge gelernt. Zum Beispiel, wie man bei der Taufe die Hand halten sollte, damit der Täufling nicht ganz nass wird“, berichtet Ina Kriege-Egert.
Vorbildlicher Lebensstil
Zum guten Schluss mussten die Ordinationskandidaten ein Gottesdienst-Projekt entwickeln. Außerdem kamen angehende Prädikanten und Vikare zu einer Tagung zusammen, bei der es unter anderem um das Beichtgeheimnis und den vorbildlichen Lebensstil des Pfarrers/der Pfarrerin ging.
Bei ihrer Ordination wurden draußen 38 Grad gemessen. „Und ich im Talar. . .“, sagt Ina Kriege-Egert lachend. Bei ihrem ersten eigenen Gottesdienst am 14. Oktober in der Gnadenkirche wird es wohl nicht so heiß, aber interessant zugehen. Das Thema wird noch nicht verraten. „Ich würde mich freuen, wenn generell mehr Leute in die Kirche kommen würden“, so die Prädikantin. Sie wird nun aktiv daran mitarbeiten können.