Mülheim. .
Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung vor den Ferien den Verkauf der Reitanlage am Broicher Waldweg beschlossen. Wie berichtet, ist der Mülheimer Reit- und Fahrverein am Uhlenhorst, der dort über 50 Jahre beheimatet war, insolvent. Das Verfahren läuft seit dem 26. April. Das Gelände steht leer, die Pferde sind längst weg. Aber die Mieter, die sind noch da.
Und für die fühlt sich jetzt keiner mehr zuständig, weder der ehemalige Pächter, also der Verein, noch die Stadt, der das rund 2,2 Hektar große Gelände mit Reitplatz, Stallungen und weitläufigen Außenanlagen gehört. Zum 31. Juli, so erwartet es die Stadtverwaltung, sollen die Mieter, vier Parteien sind es noch, ausgezogen sein.
Einer davon ist Jörg Müller, der seit zwölf Jahren in seiner 70 qm großen Wohnung lebt, sie mit Eigenmitteln, Muskelschmalz und, wie er berichtet, in Absprache mit dem Verein von Grund auf renoviert hat. Böden, Wände, Heizung, Elektrik. Zuletzt habe er noch im Dezember Rohre repariert. Und neu tapeziert.
Unbefristeter Mietvertrag
Auch die anderen Mieter hätten etliches in den Wohnungen selbst gemacht. Das tut man nur, wenn man länger bleiben und es zu Hause schön haben möchte. Und nicht, wenn man damit rechnen muss, dass man bald ausziehen soll.
Müllers Mietvertrag ist unbefristet, die Wohnung bekam er über eine Annonce, auf die er sich damals gemeldet hatte. Sein Nachbar Guido Auer lebt im neunten Jahr, ein weiteres Ehepaar seit 18 Jahren auf dem Gelände am Broicher Waldweg. Sieben Wohnungen sind es insgesamt, die, so berichten die verbliebenen Mieter, seit Jahrzehnten vermietet worden seien. Zwei stünden leer, die dritte, die über dem ehemaligen Kasino, ist seit dem großen Brand im vergangenen Jahr nicht mehr bewohnbar.
Die Wohnungen sind in keinem guten Zustand mehr: Durch Müllers Bad regnet es durch das Dach, Eimer fangen das Wasser auf. Im Keller scheppen die Mieter bei Regen das Wasser weg, es riecht muffig dort und Pilzkolonien wuchern aus der Wand. Im Winter froren die Rohre ein, Jörg Müller hatte tagelang kein fließendes Wasser. Eine Gastherme ging kaputt. Sache des Vermieters, so sollte man meinen.
Doch das ist der insolvente Verein jetzt nicht mehr, und die Stadt will es nicht sein. Die Mieter haben inzwischen einen Anwalt eingeschaltet, der sie vertritt. „Wir haben doch als Mieter auch noch Rechte“. Wenn wenigstens von der Stadt mal jemand zu ihnen rausgekommen wäre und die Sachlage erklärt hätte, einen Vorschlag für eine Lösung gemacht hätte, das hätten sie schon begrüßt. So fühlen sich die letzten Mieter auf der Reitanlage nur „im Stich gelassen“.
Die Sicht der Stadt
Die Rechtsauffassung der Stadtverwaltung zur Situation der Mieter auf dem Reitgelände ist klar: Die Mieter hätten einen Mietvertrag mit dem Reitverein gehabt. Dieser ist nun insolvent und der Insolvenzverwalter hat den Pachtvertrag mit der Stadt zum 31. Juli gekündigt. „Damit erlöschen automatisch auch die Untermietverhältnisse. Die Mietverträge laufen aus“, sagt Frank Buchwald, der Leiter des Immobilienservice. „Es gibt keine Rechtsgrundlage mehr.“ Der Rechtsbeistand der Mieter hingegen sieht die Stadt als Eigentümer in der Pflicht, erwartet auch eine Einhaltung von Kündigungsfristen.
Der schlechte Zustand der Wohnungen ist der Stadt bekannt, die sich nicht zu Reparaturmaßnahmen verpflichtet sieht. Sondern davon ausgeht, dass ein neuer Besitzer ohnehin dort eine Generalsanierung vornehmen müsse. „Wenn sich die Leute bei uns melden, sind wir selbstverständlich bereit, Kontakte zum Wohnungsamt und den Wohnungsbaugesellschaften herzustellen, damit neuer Wohnraum in der Stadt gefunden wird“, betonte Frank Buchwald.
Die Reitanlage wird ab kommenden Montag in verschiedenen Medien zum Verkauf angeboten. Das Grundstück soll weiter dem Pferdesport dienen.