Mülheim. . Kein Scherz: In der Nachbar-Großstadt Essen darf es im kommenden Schuljahr keine Mottowochen und keine Abi-Gags mehr geben. Das haben die Leiter der dortigen Gymnasien und Gesamtschulen gerade einstimmig beschlossen. Droht auch in Mülheim ein solches Verbot? Der vorgezogene Ernst des Lebens...?
In Essen ist von Exzessen die Rede: Einige Abiturienten haben sich offenbar Ausfälle geleistet, die allen den Spaß verdarben. Es gab fremde Partygäste, brennende Papiercontainer, Alkoholvergiftungen, Autokorsos. Zwar nur an bestimmten Schulen, doch für die Sicherheit wollte niemand mehr garantieren. So beschlossen die Verantwortlichen der Gymnasien und Gesamtschulen auf einer Konferenz Ende Juni, Mottotage und Abi-Scherze zu verbieten. Statt dessen sollen Projektwochen angeboten werden...
Die Essener Direktoren sind alarmiert, ihre Mülheimer Kollegen augenscheinlich nicht. Auch hier kommen die Schulleiter der Gymnasien regelmäßig zusammen, „Mottotage und Abi-Scherze sind aber noch nicht thematisiert worden“, sagt Bernd Troost, Leiter der Luisenschule und Sprecher der Mülheimer Gymnasien. Dabei gehören sie allerorten zum Frühlingsprogramm. Ein Verbot steht nicht zur Debatte. Die Schulen pflegen interne Vereinbarungen.
"Abi-Scherze sind bis jetzt noch nicht ausgeufert"
Etwa die Luisenschule, wo es am letzten Schultag der Abiturienten „in Absprache mit der Schulleitung ein Event auf dem Gelände gibt“, so Troost. Vor Jahren, als es noch ohne Absprachen lief, sah er sich gelegentlich mit derben Überraschungen konfrontiert: „Früher wurde das Schulgebäude verschlossen, Heu oder Sand herangekarrt, ohne dass sich die Schüler Gedanken gemacht hätten, wie es entfernt wird.“
Gibt es nicht mehr, „und für die anderen Schüler findet wieder Unterricht statt“. Autokorsos kamen vor, „aber das haben wir in Absprache mit dem Verkehrsdienst der Polizei geregelt, die ab und zu vorbeischaut.“ All das laufe an der Luisenschule ohne schriftliche Verträge. „Aber man steht im Wort.“ Ähnlich an den Mülheimer Gesamtschulen, die ebenfalls miteinander in Austausch stehen. Christa van Berend, Leiterin der Gustav-Heinemann-Schule, erklärt: „Ein Thema waren die Mottotage und Abi-Scherze bisher noch nicht. Und in der Vergangenheit sind sie auch noch nicht ausgeufert.“
"Seit Facebook müssen Sie mit allem rechnen"
An ihrer Schule gebe es Absprachen mit dem Abi-Komitee, was die Bespaßung der Jüngeren am Abschlusstag angeht und die traditionellen Scherze. „Und bisher konnte ich mich immer darauf verlassen, dass die Würde des anderen nicht verletzt wird.“ Frau van Berend ist aber auch nicht zimperlich. „Dieses Mal wurde ich gemeinsam mit dem Oberstufenleiter in einem geschmückten Totenwagen abgeholt.“ Sie fand es „lustig“, auch weil es kein echter Leichenwagen war, sondern ein Partyauto.
Hört man in Sachen Abi-Exzesse bei der Polizei nach, gab es in den letzten Jahren „keine Probleme, die uns bekannt wurden“, so ein Sprecher. Das gilt jedoch nur für die unmittelbare Umgebung der Mülheimer Schulen. Eingegriffen hat die Polizei Ende März bei einer spontanen Abi-Party mit rund 600 Leute im Witthausbusch. Aber erstens: Ausschreitungen gab es nicht. Zweitens: Solche Freiluft-Sausen können auch Verbote der Direktoren kaum verhindern. Denn, wie Feuerwehrsprecher Horst Brinkmann bemerkt: „Seit Facebook müssen Sie mit allem rechnen.“