Essen. . Mit den Mottowochen, dem „letzten Schultag“, mit Abi-Scherzen und der ganzen Feierei drumherum soll Schluss sein. Das haben die Schulleiter der Gymnasien und Gesamtschulen bei ihrer letzten Konferenz vor den Sommerferien beschlossen. Von Exzessen ist die Rede und von Party-Tourismus. Zuletzt mussten betrunkene Schüler mit dem Krankenwagen abgeholt werden.

In der letzten Schulwoche ihres Lebens am Gymnasium oder an der Gesamtschule ist bei den Jugendlichen noch einmal Fantasie gefragt: Jeder Tag steht unter einem anderen Motto, da wird Bauernhof gespielt, mit Pferdeverkleidung, oder „Moulin Rouge“ mit allerlei Fummel und Geschminke, mancherorts gibt’s auch einen „Asi“-Tag, insgesamt eine muntere Mischung aus Karneval und zivilem Ungehorsam, wie es ein Lehrer treffend formuliert. Manchmal gelungen, manchmal daneben.

Der Abi-Scherz krönt dann den letzten Schultag, bevor die Paukerei für die Reifeprüfung ansteht. Noch mal Dampf ablassen, fröhlich geht’s da mitunter an mancher Penne zu, an geregelten Unterricht ist an dem Tag kaum zu denken. Das alles hat inzwischen an vielen Gymnasien und Gesamtschulen fast schon Tradition – mit der jetzt die Schuldirektoren in Essen brechen. Und das konsequent: Mit den Mottowochen, dem „letzten Schultag“, mit Abi-Scherzen und der ganzen Feierei drumherum soll Schluss sein.

Spaßige Charakter verloren

Das alles hat nach Ansicht der Pädagogen den spaßigen Charakter längst verloren. Von Exzessen ist die Rede, von Autokorsos, bei denen es bislang nur dem Zufall geschuldet sei, dass es noch keine Verletzten gegeben hat. Davon, dass es einen Party-Tourismus gebe, dass plötzlich fremde Schüler mit dem Sixpack Bier unterm Arm durch die Klassen laufen, Papiercontainer seien zuletzt angezündet worden, mit dem Krankenwagen habe man alkoholisierte Schüler wegfahren müssen.

Einzelfälle, gewiss, bei weitem nicht an allen Schulen, aber was hilft’s, jetzt müssen alle unter dem Beschluss leiden: Auf ihrer letzten Konferenz vor den Sommerferien einigten sich die Schulleiter der Gymnasien und Gesamtschulen einstimmig darauf, im kommenden Schuljahr keine Mottotage zuzulassen. Um den angehenden Abiturienten einen Ausgleich anzubieten, soll an den Schulen über eine Projektwoche diskutiert werden. „Es gab dieses Jahr einfach zu viele unschöne Vorfälle“, sagt Elmar Prinz, Sprecher der Direktorenrunde und Schulleiter des Maria-Wächtler-Gymnasiums in Rüttenscheid.

"Da ist einiges aus dem Ruder gelaufen"

Die Schüler würden sich nicht an die Absprachen halten, „da ist einiges aus dem Ruder gelaufen“. Da nun auch noch ein doppelter Abi-Jahrgang vor der Tür steht, wollen die Direktoren eine klare Linie vorgeben: „Wir werden etwas anbieten, aber das wird sich sehr deutlich von dem unterscheiden, was bisher gelaufen ist“, sagt Leo van Treeck, Sprecher der Gesamtschul-Direktoren und Leiter der Erich Kästner-Gesamtschule in Steele. „Ich erwarte da von allen Kollegen auch solidarisches Handeln.“ Zwar sei es an seiner Schule nicht zu Problemen gekommen, „aber ich kenne die Vorfälle und das war für die betroffenen Schulen alles andere als lustig“. Ob es für junge Menschen so tragisch sei, nicht als „Rotkäppchen und der Wolf“ zur Schule zu kommen, bezweifelt Leo van Treek sehr: „Irgendwo gibt es Grenzen, oder kann unsere junge Spaßgesellschaft ohne Mottowoche nicht leben?“

Gute Frage: Eine NRZ-Umfrage bei den Schuldirektoren ergab jedenfalls ein zwiespältiges Bild, nicht alle zeigten sich im Nachklang des Beschlusses begeistert. Vor allem kleinere Gymnasien, oder solche, die in der Peripherie liegen, sehen keinen Grund zur Klage: „Die Schüler haben sich an alle Absprache gehalten, oft war es auch lustig, wir werden eine Lösung finden und nach den Ferien mit den Schülern sprechen“, so der Tenor.

Selbst die Salesianer am Don Bosco Gymnasium, das bereits dieses Jahr mit zwei Abi-Jahrgängen und gut 200 Schülern feierte, ließ die Schüler in der Mottowoche gewähren: „Laut war’s, aber lustig“, hieß es hinterher. So ist bei den Schülern die Empörung über den Beschluss stadtweit groß: „Das können die Schulleiter vergessen, dann feiern wir erst recht, und wenn es sein muss, vor der Schule.“