Mülheim. .

Ein Stück Ur-Mülheim kämpft ums Überleben: der Rennverein Raffelberg. Idyllisch gelegen, einst mit einem großartigen Ruf versehen und mit großen Rennereignissen am Markt. Heute ist Krise: In einer nichtöffentlichen Analyse kommt die Stadt jetzt zu dem Ergebnis: Bilanziell seit Jahren überschuldet, 1,4 Millionen beträgt das Minus, die Fremdkapitalquote 94 Prozent. Die Sparkasse ist die Stütze. Fast 40 Jahre müsste der Rennverein noch abzahlen, bliebe es bei der aktuellen Tilgung. Doch nicht allein die Finanzen bereiten Sorgen.

Die Zahl der Rennen ist auf ein Minimum geschrumpft und wie es in der Analyse heißt, mache die Infrastruktur alles andere als einen guten Eindruck. Zu wenig werde in die Substanzerhaltung investiert. Auch von kritischen Tönen der Kontrollkommission vor den Rennen ist die Rede. Die hätten erleben müssen, dass es ins Gebäude einregnet und dass das Geläuf für die Pferde nicht den besten Zustand habe. „Substanzverluste“ lautet das Urteil und die Frage: „Ist der Verein überhaupt in der Lage, die Anlage dauerhaft zu erhalten?“

Zugleich macht sich die Politik aber auch Gedanken darüber, ob die Pacht für den Rennverein noch angemessen ist. 4142 Euro zahlt dieser jährlich Pacht an die Stadt. Nicht weniger, sondern mehr schwebt zumindest Teilen der Politik vor: „Wir haben es hier mit einem sehr wertvollen Gelände zu tun und müssen uns fragen, ob die Pacht so noch zeitgemäß ist“, heißt es. Paradox?

Politiker sehen Chancen

Politiker verschiedener Fraktionen sehen durchaus die Chance des Vereins, mehr Geld einzunehmen. Als Unterpächter hat der Rennverein den Golfclub am Raffelberg, soll heißen: Dort wäre mehr rauszuholen. Und: Viele Pferdeboxen stehen leer, könnten aus Sicht der Politik und nach Meinung von Insidern außerhalb Mülheims besser vermarktet werden.

Dass all dies nicht genutzt wird, wird einem Interessenkonflikt zugeschrieben: Ehrenamtlicher Geschäftsführer des Rennvereins ist Ralf Schmitz, der ist aber auch gleichzeitig Präsident des Golfclubs auf der Anlage. Schmitz, so der Vorwurf, mache quasi mit sich selbst Geschäfte und lege das Augenmerk eher auf Golf als auf Pferd. Den Rennverein halte er bewusst auf niedrigstem Niveau. Und weil dieser auf das Geld des Golfclubs angewiesen sei, könne die Pferdelobby nicht aufmucken.

Der Präsident des Rennvereins, Martin Schlebusch, lässt auf seinen Geschäftsführer nichts kommen: Der mache einen guten Job. „Wir haben Probleme und arbeiten dran.“ Auch die Mängel an der Anlage würden Zug um Zug beseitigt. Die Fördergelder, die der Verein erhalten habe, seien komplett in die Anlage geflossen, so Schlebusch. „Das ist alles ordnungsgemäß gelaufen“, betont er. Er sieht keinen Interessenkonflikt zum Golf. Im Gegenteil: „Ohne Golf gäbe es den Pferdesport längst nicht mehr.“

Sanieren ist riskant

Schmitz selbst sieht sich als Retter des Rennvereins. Er arbeite hart daran, den Verein aus der Krise zu holen, die seine Vorgänger zu verantworten hätten. „Wir haben den Verein mit 1,7 Millionen Euro Schulden übernommen, bauen kontinuierlich ab.“ Was die Gebäude und Boxen angehe, kritisiert Schmitz, dass seine Vorgänger diese wunderschöne Anlage über Jahre vernachlässigt haben. Manche Boxen seien in einem katastrophalen Zustand. „Die lassen sich gar nicht mehr verpachten.“ So steht etwa ein Drittel der Ställe leer.

Sanieren hält er für riskant, weil er Geld investieren müsste und große Zweifel habe, später auf dem Markt Kunden mit Pferden zu gewinnen. Denn Leerstände gebe es auf vielen Anlagen. Die Branche habe insgesamt zu kämpfen. Mehr Rennen? "Ich würde zehn Rennen im Jahr anbieten", sagt Schmitz, „nur jedes Rennen kostet 25.000 Euro an Preisgeldern.“ Woher nehmen?