Mülheim. .
Von spürbarer „Aufbruchstimmung“ war Ende März die Rede, von „neuem Gemeinsinn“, gar von „Euphorie“. Da war das Forschungsprojekt „Innovationen für Innenstädte“ gerade beendet, hatten 25 Studierende unter der Leitung von Stadtplaner Prof. Harald Kegler Mülheimer zur Diskussion über die Zukunft ihrer City angeregt. Dabei wurde nicht nur die Idee einer „Netzstadt“ von den Fachleuten entwickelt, sondern auch rund 450 Vorschläge von Bürgern gemacht. Diesen Schwung, versprach man, wollte man mitnehmen. Es scheint, als würde dieses Versprechen nun eingehalten. Die „Wertstadt“, das Ladenlokal vis a vis des Kaufhof, das Zentrale des Prozesses war, wird weiter bespielt. Bis Ende des Jahres ist ein abwechslungsreiches Programm sicher – Verlängerung nicht ausgeschlossen.
Mülheimer Kreativschaffende waren es, die den Begriff der „Wertstadt“ erfanden. Die Wortschöpfung zeugt von der angestrebten „Wertschöpfung“, wie Sabine Mann („Die Mannschaft“) sagt. Der neue Blick auf Vertrautes sollte den Menschen dessen Wert wieder vor Augen führen. Ihre Stadt sollte ihnen wieder etwas Wert sein. Diesen Ausgangsgedanken griffen die Kreativen der Stadt nun wieder auf. Sie wollen die Wertigkeit der Stadt erhöhen, in dem sie im Eckgebäude zwischen unterer Schloßstraße und Leineweberstraße Programm machen.
Kinder entwerfen einen Stadtführer
Die Bereitschaft dazu, sagt Cornelia Schwabe, sei sehr groß. Erst seit Mai hat sie bei der Wertstadt die Projektplanung übernommen. Gemeinsam mit Dezernent Peter Vermeulen wechselte sie vom Kulturdezernat zum Referat VI mit den Schwerpunkten Umwelt, Planen, Bauen und bringt nun ihren alten und ihren neuen Arbeitsbereich zusammen. Bereits nach dem ersten Monat zeigt Cornelia Schwabe sich „begeistert, wie viele Ideen an mich herangetragen wurden“. Künstler, berichtet sie, hätten sich schon vor Jahren eine offene Galerie gewünscht, nun gebe es die Wertstadt, und es scheint, als fülle sie eben diese Lücke.
Doch es sind nicht nur Künstler, die in den kommenden Monaten Programm machen. Alles, was nicht gewerblich ist, sich irgendwie mit Umwelt, Planen, Bauen beschäftigt und einen neuen Blick auf die Innenstadt wirft, ist gern genommen. So wird beispielsweise eine „Spinngruppe“ in der Wertstadt spinnen und so eine „Zeitreise durch Mülheim“ entwerfen. Ende Juli wird Kulturpädagogin Elisa Kühnl mit Kindern Mülheimer Stadtführer entwerfen, der zusammenfasst, was Acht- bis Zwölfjährigen an der Stadt besonders gefällt. Die Kinder werden ihre Reiseführer auch selbst binden. Kunstausstellungen von Jugendlichen und Workshops für Jugendliche werden angeboten, es gibt Konzerte, Kurzfilme, Vorträge, Foto- und Architekten-Ausstellungen. Den Anfang machen in der kommenden Woche die „Wertsachen. Made in Mülheim“ (siehe unten).
Made in Mülheim
Theater wird es auch geben. Das Team des Ringlokschuppen bringt sich da besonders ein. Eine Buchvorstellung im Rahmen der „Fatzer-Tage“ zieht etwa in die Wertstadt. Ein anderes Mal wird das Ladenlokal zu einer Teestube für Frauen: Eine türkische Theatermacherin nimmt dies als Ausgangspunkt für ein Theaterprojekt. Zudem planen die Verantwortlichen im Schuppen aktuell ein zweites Stadtspiel, das im September „Schlimm-City“ nachfolgen soll – diesmal aber, verspricht Sprecher Tobias Fritzsche, „mit positiven Namen“.
„Wertsachen. Made in Mülheim“ verkaufen 22 Mülheimer Kreativschaffende von Donnerstag, 14. Juni, bis Sonntag, 17. Juni, in der Wertstadt an der Leineweberstraße 15-17. Die temporäre Ladengemeinschaft hat Jutta Pfeifer zusammengetrommelt. Immer wieder kamen Kreative in ihr Geschäft, das „Papierwerk“, und boten ihr selbst Gemachtes zum Verkauf an. „Schon da“, sagt sie, „hatte ich die Idee eines Ladens mit Sachen made in Mülheim.“
Umgesetzt wird sie nun in der Wertstadt. Angeboten werden vielfältige Waren vom Gürtel über Taschen, Buttons und Honig bis zu Postkarten.
Abseits des zu kaufenden Sortiments gibt es ein buntes Rahmenprogramm. Dazu gehören zum Beispiel durchgängig das „Café Klatsch“ mit selbst gebackenem Kuchen und die Aktion „Wir stricken an einem Strang“, wo alle mitmachen können.
Zum Abschluss am Sonntag, 17. Juli, stehen Workshops an, u.a. „Portraitfotografie“ (11-14 Uhr), „Perlen fädeln“ (13-15 Uhr), „Blüten häkeln“ (11-14 Uhr) und „Grundschnitte erstellen“ (11-13 Uhr). Das gesamte Wertstadt-Programm gibt es online: wertstadt.info