Mülheim.

Hat ein 16-jähriger Jugendlicher die Reife, um das Landesparlament mitzuwählen? SPD und Grüne meinen „ja“ – und haben sich nun zum Ziel gesetzt, das Wahlalter für die Landtagswahlen von 18 auf 16 Jahre abzusenken. Wie stimmen die Jugendlichen selbst darüber ab? Wollt ihr mitmischen oder noch abwarten? Wir fragten bei Schülern der Jahrgangsstufe 10 der Willy-Brandt-Gesamtschule nach.

Martin Schwensow (16): „Ich ärgere mich, dass das Thema erst jetzt aufgegriffen wird und nicht vor der Landtagswahl durchgesetzt wurde – dann hätte ich vielleicht schon abstimmen dürfen. Nun muss ich fünf Jahre warten, bis ich wählen darf. Denn generell bin ich sehr politikinteressiert und habe mich im Vorfeld intensiv mit den Parteiprogrammen der einzelnen Parteien beschäftigt. Dass sich Jugendliche nicht für Politik interessieren, halte ich für ein Vorurteil. Ich lese regelmäßig Zeitung und schaue die Tagesschau, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Das meiste über Politik lese ich mir selbst an, im Unterricht könnte mehr über aktuelle politische Themen gesprochen werden.“

Fabian Brune (15): „Für die Landtagswahl sollte das Wahlalter lieber bei 18 Jahren angesetzt bleiben. Denn ich glaube, dass viele Jugendliche aus Desinteresse überhaupt nicht wählen gehen würden. Das hätte negative Folgen für die Wahlbeteiligung, die dann noch niedriger ausfallen würde als ohnehin schon. Außerdem glaube ich, dass viele junge Wähler dazu neigen, extrem linke oder rechte Parteien wie die NPD zu wählen. Ich persönlich informiere mich regelmäßig über das politische Geschehen, denke aber nicht, dass das viele in meinem Alter genauso tun.“

Dominik Seidler (16): „Ein Wahlrecht ab 16 Jahren halte ich für sehr sinnvoll. Auch ich hätte meine Stimme bei der Landtagswahl abgegeben. Die Politiker reden immer davon, viel für junge Leute zu tun. Doch wie wollen sie das umsetzen, wenn sie nicht wissen, was uns wichtig ist und vor allem: wir nicht selbst mitbestimmen können? Wenn 16-Jährige mitreden dürften, könnten sie die Politiker auf bestimmte Themen und Probleme aus ihrem Alltag hinweisen. Zum Beispiel bei der Schulpolitik: Um Entscheidungen zu fällen, sollten Politiker die Praxis kennen lernen, sich also einen Tag lang mit uns in die Schule setzen und schauen, wie der Unterricht abläuft, anstatt sich nur vor der Schule fotografieren zu lassen.“

Lennart Diepmanns (16):Ich bin gegen ein Wahlrecht ab 16 Jahren. Zu viele Jugendliche würden Splitterparteien wählen, so dass die radikalen Parteien zu viel Einfluss gewinnen würden. Ich glaube, dass man mit 18 Jahren mehr Reife und Verständnis besitzt, sich intensiver mit politischen Themen auseinander setzt und gezielter wählen kann. Ich selbst informiere mich regelmäßig über Politik, beziehe Informationen aus Zeitung, Fernsehen und dem Internet, gerne schaue ich auch Polit-Talkshows im Fernsehen. Zurzeit denke ich darüber nach, mich bei den Grünen zu engagieren und in die Partei einzutreten. Auf diese Weise kann ich selbst mitmischen und Themen angehen, die mir wichtig sind.“

Luisa Baumann (15):Ich beobachte die Diskussion mit gemischten Gefühlen. Ich hätte bei dieser Landtagswahl zwar gerne meine Stimme abgegeben, glaube aber, dass mit dem Wahlrecht ab 16 auch der Idiotenanteil wächst, also viele junge Leute Schwachsinn wählen. Wenn die Politik 16-Jährigen das Wahlrecht einräumt, muss sie die Jugendlichen besser informieren. Dazu gehört auch, dass mehr Tagespolitik im Unterricht besprochen wird. So können Jugendliche besser einschätzen, wofür die Parteien stehen und nachvollziehen, wie politische Entscheidungen zustande kommen. Ich lese regelmäßig Zeitung, schaue Nachrichten im Fernsehen und interessiere mich vor allem für schulpolitische Themen und Umweltpolitik.“

Alen Ugljanin (16):Ein Wahlrecht ab 16 finde ich gut. Schließlich gehören Jugendliche genauso zur Gesellschaft wie Erwachsene. Über sie wird bestimmt, also wäre es sinnvoll, wenn sie ein Mitspracherecht hätten. Zudem glaube ich, dass sich Politiker erst um jugendrelevante Themen kümmern, wenn sie von deren Stimmen abhängig sind. Das Argument, dass 16-Jährige nur Randparteien wählten, lasse ich nicht gelten: Hätten sie ein Wahlrecht, würden sie sich auch mehr für Politik interessieren – es gibt keine Politik-, sondern nur einer Politikerverdrossenheit. Ich halte es aber für sinnvoll, neben tagespolitischen Themen mehr Inhalte der Parteien im Unterricht zu behandeln. Das ist genauso wichtig wie Mathe oder Deutsch.“