Mülheim. .
Etwas Greifbares, worauf man bauen kann: Das ist dem Team der Hauptschule Bruchstraße wichtig, nachdem der Standort so heftig wackelte. Sichtlich stolz unterzeichnete Schulleiterin Gabriele Klar daher am Mittwoch einen offiziellen Kooperationsvertrag mit der Kreishandwerkerschaft Mülheim an der Ruhr - Oberhausen.
„Lockere Projekte“ würden sie seit Jahrzehnten auch mit anderen Mülheimer Schulen durchführen, sagt Kreishandwerksmeister Jörg Bischoff. Schon „lange gewünscht“ sei aber eine engere Zusammenarbeit mit einer allgemeinbildenden Schule, die man gezielt gesucht und in Eppinghofen gefunden habe, wo das Schulkonzept und die hohen Vermittlungsquoten in den Ausbildungsmarkt überzeugt hätten. „Nach dem Bürgerentscheid ist der Weg wieder frei“, ergänzt Gabriele Klar.
Hinführen soll er zu einer vertieften Berufsorientierung, die sich demnächst auch in geänderten Lehrplänen niederschlägt. Ab der fünften Klasse soll sich die Vorbereitung auf das Arbeitsleben durch möglichst alle Fächer ziehen. Mit der Erarbeitung konkreter Inhalte will man in den nächsten Wochen beginnen so dass mit Beginn des Schuljahres 2012/13 die Kooperation sichtbar wird. Bischoff nennt einige Beispiele, die er sich vorstellen kann: Umgang mit Energie und Wärme in Physik, Geschäftsbriefe schreiben im Fach Deutsch.
Handwerk als Schwerpunkt
„Das Handwerk wird ganz klar unser Schwerpunkt sein“, erklärt Gabriele Klar und wird aus der großen Praktikerrunde, die den Vertragsabschluss in der Schulaula miterlebte, gelobt für diese Schärfung des Schulprofils.
Die Handwerker ihrerseits führen den Fachkräftemangel ins Feld, den sie fürchten. Er wird von Ralf Geese, Maurermeister und Bau-Unternehmer, mit dramatischen Zahlen beschrieben: „Früher bekam ich pro Jahr bestimmt 120 Bewerbungen auf den Tisch, jetzt sind es nur noch fünf oder sechs.“ Ebenso viele Ausbildungsplätze vergibt er jährlich, und so soll es auch bleiben.
„Die Jugendlichen“, vermutet Geese, „haben den Bezug zum Arbeitsalltag verloren. Und das Schlimmste ist fehlende Orientierung im Elternhaus. Oft sind schon kleine Kinder auf sich selbst gestellt.“ Die eben in Eppinghofen besiegelte Kooperation soll Jungen und Mädchen noch vor der Pubertät Perspektiven aufzeigen.
Die Idee, bei der Gelegenheit gleich die überfällige, teure Sanierung des Schulgebäudes mit Hilfe von Meistern und Gesellen anzugehen, wird von Seiten der Lehrer spontan begeistert aufgenommen. Kreishandwerksmeister Jörg Bischoff äußert sich dagegen nur vorsichtig: „Wir müssen sehen, was man vielleicht im kleinen Rahmen an Projekten durchführen kann.“
Kein Rückzug aus anderen Schulen
Dass man sich nun an der Bruchstraße so engagiert, bedeute keinen Rückzug aus anderen Mülheimer Schulen. Andererseits sei aber auch keine Ausweitung der engen Kooperation auf andere Partner geplant: „Es gab auch Gespräche mit anderen Schulen“, räumt Bischoff ein, „aber die wollten sich nicht so weit auf das Handwerk einlassen, wie es hier geschieht.“
Möglicherweise meint er die zwangsläufig konkurrierende Hauptschule am Hexbachtal. Man habe schon vor längerer Zeit das Gespräch mit der Kreishandwerkerschaft gesucht, bestätigt Thorsten Ide, der für Berufsorientierung zuständige Lehrer, „und überlegt, an welcher Stelle Kooperationen möglich wären“. Von dem in Eppinghofen geschlossenen Vertrag hätten sie und andere aus der Presse erfahren, nicht etwa über das kommunale Bildungsbüro, den eigentlich üblichen Weg.
Dass man allerdings das neue Übergangssystem Schule - Beruf umsetze, das die Landespolitik fordert, sei für alle Hauptschulen verpflichtend. Zumal Mülheim NRW-weit zu den sieben Referenzkommunen gehört, die mit der Umsetzung, in allen Unterrichtsfächern, schneller sein sollen als andere. Dass die Hauptschule Dümpten indes selbstverständlich gut mit zahlreichen Handwerksbetrieben zusammenarbeite, bestätigen sowohl Thorsten Ide als auch Schulleiterin Ulrike Nixdorff: „Wir haben unser eigenes Netzwerk geschaffen, viele gute Kontakte zu Handwerksfirmen und langjährige Partner.“