Mülheim.

„Iiih!“, „Haha!“, „Vorsicht!“ Wenn Kinder ins Theater gehen, sehen sie nicht nur, sie erleben es: sie stampfen, staunen, lachen und fiebern mit den Figuren. Während die Erwachsenen bei den großen Stücken still auf ihren Stühlen sitzen, geht es bei den Kinder-Stücken lebhafter zu. Gestern eröffnete das Junge Staatstheater Braunschweig das kleine Theaterfestival in der Stadthalle mit Katrin Langes „Freund Till, genannt Eulenspiegel“ – mit blankem Hintern und begeisterten Kindern.

Das Licht geht aus, die Kinder aus acht Schulklassen rutschen ungeduldig auf ihren Stühlen umher. „Pssst“, zischen die Lehrerinnen und der Spot geht an. Der Mann, der dort unten am Rand der Bühne hockt, zündet sich den Handschuh an. „Boah!“ Als der Vorhang zur Seite schwingt, präsentieren sich Feuerspucker und Ringwerfer in aufwendigem Bühnenbild.

Tribünen lassen sich verschieben

Die Tribünen mit mehreren Ebenen lassen sich verschieben, in der Mitte dreht sich ein Podest und rings um den Halbkreis lassen sich Türen öffnen – es ist die Festung der bösen Raubritter. Doch zunächst wird aus dem Mann mit der Flammenhand Tills Vater Claus, der mit seinem Sohn als Gaukler zipfelbemützt durch die Lande zieht. Die beiden ulken und unken, Till macht Kusselköpfe, zieht die Hose runter und wackelt vor den Zuschauern mit dem blanken Hinterteil. Die Kinder kreischen vor Lachen.

Doch kurz darauf wechselt die Stimmung, denn beim Seiltanz gerät Tills Vater Claus ins Schlingern. Der böse Raubritter Herr Kunz überfällt die Gaukler, Claus verliert das Gleichgewicht und fällt ins Meer. Die Kinder fiebern mit dem verzweifelten Till, denn der wird von Kunz auf die Raubritterburg verschleppt. Dort sperren ihn der Bösewicht und seine Gehilfen ein.

Till trickst die Räuber aus

Sie zwingen ihn, Spaß zu machen, doch Till trickst die Räuber mit List aus. Er nimmt alles wörtlich, setzt sich auf Torten und malt Bilder, die nur Tapfere sehen können. So enthält die Inszenierung alle Elemente, die Groß und Klein gerne auf der Bühne sehen: Spannung, Humor, Liebe – Messerkämpfe, Kuchenschlachten und Knutschereien. Letzteres probiert Till mit Nella aus, dem Hausmädchen der Burg, das hinter Tills Faxen-Fassade blickt und sich in ihn verliebt. Die beiden küssen sich – „iiihh!“

Mit den Streichen des echten Eulenspiegel hat der eigenständige Till der Autorin Katrin Lange aber nur noch manches gemeinsam. „Einige Streiche kamen uns bekannt vor“, sagen Lilly, Marie und Leonie vom Oberhausener Heinrich-Heine-Gymnasium. „Zum Beispiel, dass er dem Esel das Lesen beigebracht hat.“

Die Zehnjährigen kennen einige Episoden aus dem Deutschunterricht. „Das war sehr gut geschauspielert“, resümieren sie. Welche Szene hat am besten gefallen? „Als Till die Hose runter gezogen hat“, kichern die Mädchen. Das fanden auch Onur (13) und Susanne (14) lustig. Die Schüler besuchen die Buchholzer Waldschule in Duisburg. „Wir gehen regelmäßig ins Theater“, sagen die beiden. „Im Unterricht besprechen wir die Stücke dann noch einmal und reden darüber, wie sich die Figuren wohl gefühlt haben.“

Liebesgeschichte

Vor allem über die Liebesgeschichte zwischen Nella und Till haben sich Julia (7), Leonie (9) und Zoe (7) von der Grundschule Trooststraße gefreut. „Das war schööön!“ Macht Theater mehr Spaß als Fernsehen zu gucken? „Ja“, sagen die drei. „Das ist viel besser, weil auf der Bühne echte Menschen zu sehen sind“, findet Julia. Von Till Eulenspiegel hat die Zweitklässlerin bereits gehört - „ich habe eine CD mit Geschichten von ihm.“ Außerdem sei es schön, mal aus der Schule raus und ins Theater zu kommen. „Das sollten wir öfter machen“, wünschen sich die Schülerinnen. Das hätte Till sicher genauso gesehen.