Mülheim.

Die CDU. Eigentlich sei jedes Wort derzeit zu viel, sagt einer, der nie um ein Wort verlegen ist, Bürgermeister Markus Püll (CDU). Fast zehn Prozentpunkte hat die Union in Mülheim verloren, ist bei 18,8 Prozent gelandet. So tief unten war die Partei, die über viele Jahre einen Landtagsabgeordneten stellte, noch nie. „Das haut einen um. Es ist im Wahlkampf so ziemlich alles schief gelaufen“, sagt Püll.

Sprachlosigkeit in der CDU – sie hat auch jüngere in der Partei erfasst, wie etwa Frank Blum: „Ich habe nur ein Gefühl von großer Leere.“ Er möchte nicht schon am Tag danach Erklärungen geben, Analysen ziehen. „Ich habe keine Antworten, aber wir werden welche geben müssen, auch in Mülheim“, und er verweist auf das schlechte Abschneiden der Partei bei der letzten Kommunalwahl hin. Passiert ist danach wenig bis nichts.

Jede Menge Frust

Dass der Absturz auf 18,8 Prozent etwas mit der lokalen Politik der CDU zu tun haben könnte, glaubt Fraktionschef Wolfgang Michels nicht. Es sei eine Landtagswahl, eine auf Röttgen zugeschnittene Wahl gewesen. Doch Frust gibt es jede Menge. Was sich die Strategen der Partei da haben einfallen lassen, nennt die CDU-Basis am Tag nach dem Debakel eine Katastrophe. Michels: „Das war alles lächerlich, bis hin zu den doofen Wahlplakaten, die ein schlechter Abklatsch zu denen von Frau Kraft waren. Und wir vor Ort mussten noch gute Miene zum bösen Spiel machen. Ich bin stinksauer darüber.“ Und: Man könne nicht derart steif rüberkommen, wenn man gegen eine Politikerin antrete, die eine sehr menschliche Art habe. Heißt: Verschont uns künftig mit solchen Spitzenkandidaten. Es ist nicht das erste Mal, dass die Union auf das völlig falsche Pferd gesetzt hat.

Zur Tagesordnung werde man in Mülheim nicht übergeben, versichert der Fraktionsgeschäftsführer, Hansgeorg Schiemer. Die Fehleranalyse werde auch die CDU vor Ort mit einbeziehen, obwohl die Stimmungslage an den Wahlkampfständen keine schlechte gewesen sei. Der Landestrend plus der Heimatbonus von Hannelore Kraft seien an dem Wahlsonntag für die CDU eine fatale Mischung gewesen, heißt es in der Geschäftsstelle.

SPD und Piraten legen stark zu

Die Parteien. In allen 27 Mülheimer Kommunalwahlbezirken hat die CDU verloren, Die Linke ebenso. Die SPD und die Piraten haben in allen zugelegt, die FDP fast auch. Die Grünen bleiben drittstärkste Kraft, konnten ihr Ergebnis von 2010 jedoch nicht ganz halten. Die Piratenpartei (plus 5,3) legte am stärksten zu, mehr noch als die SPD (plus 5,2). In allen Wahlbezirken haben die Hauptkonkurrenten, Hannelore Kraft (SPD) und Heiko Hendriks (CDU) mehr Erststimmen erzielt als ihre Partei Zweitstimmen. Bei Hannelore Kraft waren es sogar 13 Prozentpunkte mehr, das sind rund 10.000 Wählerstimmen mehr. In Mülheim zeigt sich sehr deutlich, wie gerade sie die Partei hochgezogen hat. So hoch, dass die SPD nach 27 Jahren bei einer Landtagswahl wieder zulegt hat und mit über 20 Prozentpunkten ihren Vorsprung als stärkste politische Kraft in Mülheim ausbauen konnte.

Die Stadtteile. Die Wahlbeteiligung ist erneut gesunken, um zwei Prozentpunkte auf 62,4 Prozent. Nur an der Saarner Kuppe nahm sie leicht um 0,3 Punkte auf 70,2 Prozent zu . In Saarn-Siedlungen wurde mit 73,3 Prozent die höchste Wahlbeteiligung in ganz Mülheim registriert. Der Tiefpunkt lag erneut in Eppinghofen Nordwest bei 46,4 Prozent. Es ist der einzige Wahlbezirk in Mülheim mit einem Wert unter 50 Prozent. Der stärkste Rückgang ist in Broich-Süd zu verbuchen: ein Minus von vier Prozentpunkten.

CDU-Anteil variiert zwischen 11,2 und 26,8 Prozent

Die Hochburgen. In Dümpten-Süd erzielen die Sozialdemokraten mit 62 Prozent ihr bestes Ergebnis, in Saarn-Zentrum haben sie mit 6,9 Prozentpunkten am deutlichsten zugelegt. Nur in Holthausen-Süd kommt die SPD auf weniger als ein Drittel der Stimmen.

Der CDU Stimmenanteil variiert zwischen 11,2 Prozent in Dümpten-Süd und 26,8 Prozent in Speldorf-Süd. Das ist ihr höchster Wert. In allen zehn Bezirken, in denen die CDU noch mehr als 20 Prozent der Zweitstimmen erhält, hat sie mehr als 10 Prozentpunkte und damit überdurchschnittlich verloren.

Starke Verluste bei Grünen und Linken

Die Grünen kommen nach ihrem stärksten Verlust, 1,4 Prozentpunkte, in Styrum-Süd mit 7,8 Prozent auf ihr schwächstes Ergebnis und sind dort schwächer als die Piraten. Mehr als doppelt so hoch fällt ihr höchster Zweitstimmenanteil am Kahlenberg (16,9 Prozent) aus.

Die FDP verliert nur in ihren beiden schwächsten Bezirken Dümpten-Süd und Styrum-Süd leicht. Überdurchschnittlich zulegen können die Liberalen in den Bezirken, in denen die CDU deutlich verloren hat: 7,8-Punkte sind des in Holthausen-Süd, wo sie bei 17.2 Prozent landet.

Die Linke hat überall deutlich verloren und kommt in keinem Kommunalwahlbezirk mehr über die 5-Prozent-Marke. Diese Hürde haben die Piraten in allen 27 Bezirken klar überwunden. Die meisten Piraten-Wähler gab es in Styrum-Süd mit 9,7 Prozent. Damit liegen sie vor den Grünen und den Liberalen.