Mülheim. .
Die familienfreundliche Stadt Mülheim tut etwas für junge Familien, bietet ihnen preisgünstige Möglichkeiten, Eigentum zu erwerben. So wie nun an der Gracht, wo auf dem hinterrücks gelegenen Südhang der ehemaligen Gärtnerei Nagel gestern in Anwesenheit etlicher Krawattenträger, aber auch Käufer und Politikvertreter der „Spatenstich“ für 14 Doppelhaushälften gefeiert wurde. In der Vermarktung sind sie schon seit Längerem, die neue Heimat gibt’s für: 395 000 Euro aufwärts. Wie gesagt: Preisgünstig sollte es sein, heißt es im Bebauungsplan. . .
Lange hat es gebraucht, bis endlich Baurecht auf dem alten Gärtnerei-Grundstück der stadtbekannten Familie Nagel geschaffen war. Nach 110 Jahren Betriebsamkeit gibt es die Gärtnerei seit Ende 2008 nicht mehr. 98 Jahre lang war sie präsent als Marktbeschickerin. Im Jahr 2008 verkauften Angelika und Hans-Hermann Nagel das Grundstück hinter ihrem denkmalgeschützten Fachwerkhaus an der Gracht an das Bochumer Unternehmen Markus-Bau, in Mülheim bereits präsent durch Wohnbauprojekte etwa an der Arthur-Brocke-Allee und Hingbergstraße.
Fünf Häuser sind schon verkauft
14 Doppelhäuser will Markus-Bau nun auf dem alten Nagel-Grundstück errichten; Investitionsvolumen: rund 6 Mio. Euro. Die meisten Käufer sollen noch im Jahr 2013 einziehen können in ihre teilunterkellerten Doppelhaushälften mit Wohnflächen von 148 bis 163 m2 und Grundstücksgrößen zwischen 237 und 503 m2. Es wird nach energiesparendem KfW-Effizienzhaus-70-Standard gebaut. Karsten Koch, Geschäftsführer von Markus-Bau, versprach gestern, eine hochwertige Qualität in einem hochwertigen Umfeld zu schaffen. Holthausen sei „schon eine Perle“. Das Bauprojekt sei „einer der vielen Bausteine, wenn man sich behaupten will als Wohnstadt“.
Die Sparkasse Mülheim sitzt als bewährte Partnerin von Markus-Bau im Boot. Sie fungiert nicht nur als Finanzierungspartnerin, sondern hat sich über ihre Tochtergesellschaft FDL auch den Alleinvertrieb der Häuser gesichert. Fünf oder sechs Häuser sind nach Angaben von Koch bereits verkauft. „Das ist ein sehr guter Vorvermarktungsstand“, da gerade erst der Abriss der alten Gewächshäuser in Angriff genommen worden ist.
Preiswert ja - aber nur relativ
„Im Stadtteil Holthausen“, heißt es in dem unlängst politisch beschlossenen Bebauungsplan zum Projekt, „besteht zur Sicherung der ,Mantelbevölkerung’ nach wie vor Bedarf an Eigenheimen für junge Familien, insbesondere im preisgünstigeren Sektor. Mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan soll ein Teil dieses Bedarfes gedeckt werden.“ Ein Blick auf die Preisliste dürfte einem Gros junger Familien, die auf der Suche nach einem „preisgünstigeren“ Eigenheim sind, allerdings die Sprache verschlagen: Die preiswerteste Doppelhaushälfte an der Gracht kostet 395 000 Euro; für eine Häuserhälfte auf dem größten Grundstück sind 459 000 Euro fällig.
Sind dies preisgünstige Eigenheime für junge Familien? „Das ist relativ, das hängt von den Zielgruppen ab“, reagierte Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld gestern vor Ort auf die Frage der WAZ. Welcher Preis als günstig zu bezeichnen sei, richte sich nun mal nach der Werthaltigkeit des Eigenheims und des Standortes. Preiswert bedeute eben nicht billig, ergänzte Bezirksbürgermeister Arnold Fessen (CDU).
„Das ist schon ein stolzer Preis, unbestritten“, nahm gestern Martin Harter als Leiter des Planungsamtes auf Anfrage Stellung zu den Kaufpreisen für die Doppelhaushälften. In anderen Städten des Ruhrgebietes bekomme man für einen solchen Preis ein frei stehendes Haus. „Mülheim ist schon ein teures Wohnpflaster.“ Gleichzeitig wies Harter darauf hin, dass die Stadt wenig Einfluss nehmen könne auf die Endpreise bei Eigenheim-Projekten auf Privatgrund. Um dem städtischen Ziel näher zu kommen, dass preiswertere Eigenheime für junge Familien an den Markt kommen, könne die Stadtplanung nur über den Grundstückszuschnitt Einfluss nehmen. „Wir haben an der Gracht relativ kleine Grundstücke angelegt“, so Harter.