Mülheim.
Seit letzter Woche schlägt sie wieder im Südbad Wellen: Die „Seepferdchen-Schule“ für Fünf- bis Zehnjährige, die sich ausdrücklich an Kinder aller Nationalitäten richtet und Bildungsgutscheine gerne akzeptiert. Doch längst nicht nur sozial schwache Familien finden das Angebot sehr hilfreich.
Fünf neue Kurse sind Mitte April gestartet. Damit geht die „Seepferdchen-Schule“ in die dritte Runde, die vom Mülheimer Sportservice (MSS) getragen, von RWE gesponsert und den Bildungspartnerschaften Eppinghofen wie Styrum unterstützt wird. „Integration durch Schwimmen“ heißt die Vorgabe.
Als Übungsleiter für die kleinen Jungen und Mädchen ist Izzet Akdogan im Einsatz. Hauptberuflich arbeitet der 29-Jährige als Sportlehrer an einer Realschule in Mettmann, auch als Fußballtrainer hat er schon einige Plätze gesehen. Dass er fünf Sprachen spreche, berichtet er stolz: „Deutsch, Englisch, Türkisch, Russisch, und gerade bin ich dabei, Serbisch zu lernen.“
Schwimmlehrer ist zufrieden
Akdogan, der in der Türkei geboren wurde und als Fünfjähriger nach Deutschland kam, kann auch in anderer Hinsicht mitreden. Wenn es um Familien geht, die wenig dafür tun, dass der Nachwuchs nicht untergeht. Er sagt: „Ich selber habe erst mit 19 Jahren richtig schwimmen gelernt, von einem Schwimmmeister, dessen Sohn ich Mathe-Nachhilfe gegeben habe. Vorher konnte ich mich nur halbwegs über Wasser halten, obwohl ich das Bronze-Abzeichen hatte.“
Die Kids, mit denen Akdogan nun im Hallenbad Süd geduldig übt, sind so weit noch nicht. 45 Kinder haben an den beiden vorigen Kursreihen teilgenommen, etwa ein Drittel von ihnen durfte sich nach der zehnstündigen Reihe den „Seepferdchen“-Sticker ans Badezeug nähen lassen. Der Schwimmlehrer klingt nicht unzufrieden, findet aber: „Die Erfolgsquote könnte höher sein, doch teilweise ziehen die Eltern zu wenig mit. Wenn schlechtes Wetter ist, bringen manche ihre Kinder nicht.“
Andere ziehen sehr wohl mit, wenn sie die Richtung kennen. Wie die Familie, die erst vom Schwimmlehrer erfuhren, dass ihr Sohn die Füße auffällig setzt, im flachen Wasser gar nicht gehen konnte und nur schief an Land: „Das wussten die gar nicht. Jetzt geht der Junge zur Physiotherapie.“
"Integration durch Schwimmen"
Regulär kostet der Kurs 80 Euro. Rund ein Drittel der Familien zahlt nur die Hälfte als Inhaber des Mülheim-Passes oder löst einen Gutschein aus dem Bildungspaket ein. „Integration durch Schwimmen“? Auch, aber nicht nur. Am Mittwochnachmittag um 17 Uhr parken fünf Kinder aus deutschen Familien ihre Badelatschen am Beckenrand, deren Eltern auf zeitiges Schwimmenlernen drängen.
Während sie hinter einer Glasscheibe verfolgen, wie das Grüppchen von der roten Elefantenrutsche auf eine Matte flutscht oder auf Styropor-Nudeln dümpelnd den Beinschlag übt, nennen sie ihre Beweggründe. „In der Grundschule schaffen sie es nicht, den Kindern richtig Schwimmen beizubringen“, hat Oliver Binder bei seiner älteren Tochter erfahren. Mehrere Mütter stimmen zu. Zwei Lehrer für 30 Schüler seien zu wenig für intensiven Unterricht.
Vereine sind für diese Eltern keine Alternative. Natalie Humburg hat für ihren sechsjährigen Sohn, wie sie sagt, bei mehreren Mülheimer Clubs nachgefragt: „Sie haben Wartelisten von anderthalb bis zwei Jahren.“ Auch die „Seepferdchen-Schule“ hat mehr Anfragen als Plätze. Aber man sieht Land.