Mülheim.

Sie sind zu dritt, drei aus der großen Ministrantenschar der katholischen Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt: Lucas Gobs (21), Stephanie Frank (17) und Kora Skubiszewski (10). Für unser Treffen, unser Gespräch über das Messdiener-Sein, hat das Trio beim Küster den Generalschlüssel für die Saarner Klosterkirche besorgt, mit dem man fast überall hineinkommt. Los geht’s vor großen Schränken, in denen meterweise Gewänder hängen: schwarze Talare zum Unterziehen, darüber das weiße Chorhemd, Fachbegriff: Rochett. Alles ist in sieben Größen vorhanden, vom schmalen Kind bis zum hochgewachsenen Mann.

Gibt es Vorschriften, welche Schuhe Ihr zum Gewand tragen sollt?

Stephanie: Da gelten keine festen Regeln. Aber es sollten nicht die löchrigsten sein.

Lucas: Flip-Flops sind auch eher ungünstig, weil man damit hängen bleibt.

Gehen denn hohe Absätze?

Stephanie: Das gewöhnt man sich schnell ab. Denn sie stören beim Hinknien. Wir haben eine Messdiener-Fibel, in der einige Regeln stehen. Etwa, dass man während der Messe nicht an seinen Haaren herumdreht.

Wenn die Kirche voll ist, werden die Messdiener von vielen Leuten gesehen. Hat man vorher Lampenfieber?

Kora: Ein bisschen. Und Angst, Fehler zu machen ...

Stephanie: ... wobei die Gemeindemitglieder es oft gar nicht merken, wenn man falsch läuft oder klingelt.

Habt Ihr im Gottesdienst schon einmal etwas richtig Unangenehmes erlebt?

Lucas: Als ich noch jung war, vor acht, neun Jahren, ist mal ein Messdiener bewusstlos geworden, nach vorne umgekippt und hat sich einen Zahn ausgeschlagen.

Stephanie: Manchmal passieren auch lustige Sachen. Ein Gastpriester hatte zum Beispiel sein Handy dabei, das während der Messe klingelte.

Später sitzen die Drei am altehrwürdigen schwarzen Holztisch in einem Klostersaal, reden frei und offen. Kein Älterer führt Aufsicht, kein Kirchenoffizieller hört zu. Die Messdiener wirken geradezu heimisch im Gotteshaus.

Die Ministranten von St. Mariä Himmelfahrt: Wer gehört dazu?

Stephanie: Etwa 90 Leute aus verschiedenen Altersgruppen. Von acht, neun Jahren, also kurz nach der Erstkommunion, bis Anfang 20. Dann hören die meisten auf, weil sie wegen Ausbildung oder Studium weniger Zeit haben. Und ich glaube, es sind etwas mehr Mädchen als Jungen.

Ärgert es Euch Ministrantinnen manchmal, dass Ihr zwar als Mädchen in der Kirche dienen, aber als Frauen keine Messe feiern dürft?

Stephanie: Ja, wir sehen das schon kritisch und diskutieren auch über die Rolle von Frauen in der katholischen Kirche. Aber das steht nicht im Vordergrund. Wichtiger ist uns, was wir machen dürfen und dass wir uns in die Gemeinschaft einbringen können. Aber dass sich in der Kirche etwas ändern muss, zumindest der Zölibat abgeschafft werden muss, ist klar.

Kora, Du gehörst zu den Jüngsten, die am 12. März zu Messdienern geweiht wurden. Was macht Dir daran am meisten Spaß?

Kora: Der Dienst am Altar, aber vor allem auch, dass wir so viele Sachen gemeinsam unternehmen, zum Beispiel Messdiener-Fahrten machen.

Klingt nach einem vollwertigen Hobby ...

Stephanie: Das ist es auf jeden Fall. Es gibt ganz viele Aktivitäten. Einmal im Monat, Freitagsnachmittags, haben wir Messdienertreffen mit Familienmesse und gemütlichem Abend. Letztes Jahr waren wir für einen Tag in Köln, haben den Dom besucht und das Schokoladenmuseum. Es gibt auch speziell auf die Älteren zugeschnittene Aktionen, wir gehen öfter ins Kino.

Lucas: Und wir haben ein Fahrradrennen um die Kirche veranstaltet. 1090 Runden sind wir gefahren, für die wir Spenden gesammelt haben. Die Hälfte des Geldes ging an unsere Patengemeinde in Guatemala.

Messdiener bewahren sich ihre Eigenständigkeit 

Und die andere Hälfte?

Lucas: Damit finanzieren wir uns selber. Wir bekommen keinerlei Zuschüsse von der Gemeinde oder vom Bistum. Was auch nicht schlimm ist. So bewahren wir uns eine große Eigenständigkeit

Im Schaukasten vor der Klosterkirche hängt ein Flyer: „rent-a-Messdiener“. Wie funktioniert das denn?

Stephanie: Wir sammeln Spenden für kleine Gegenleistungen. Fahrdienste, Einkäufe, Mithilfe bei Feiern.

Was waren Eure letzten Einsätze?

Lucas: Vergangenen Samstag haben wir eine große Hecke umgepflanzt

Wie viel Geld habt Ihr dafür bekommen?

Lucas: Noch nichts. Das war für den Vater einer Messdiener-Familie. Aber da kommt ganz sicher noch eine Spende.

Ihr habt während der gesamten Fastenzeit samstags um sieben Uhr Andachten gefeiert, danach gefrühstückt. Kommen viele Freiwillige, am Wochenende, wenn es gerade erst hell wird?

Stephanie: Letzten Samstag waren ungefähr 50 Leute da. Zur Hälfte Messdiener, zur anderen Hälfte Eltern.

Ist die Messdienergruppe Euer wichtigster Freundeskreis?

Stephanie: Ja.

Lucas: Auf jeden Fall.

Finden sich oft Paare?

Stephanie: Ja. Ab und zu finden sich mal zwei.

Wie viele Ministranten sind heute Abend bei der Osternachtfeier im Einsatz?

Stephanie: Laut Plan sind 14 aufgestellt, aber ich denke, dass etwa 25 kommen. Alle, die mitdienen möchten, dürfen das. Anschließend brennt noch das Osterfeuer, wir essen Eier, es gibt Brot, Wein und Säfte, man bleibt bis in die Nacht zusammen und trifft auch viele ehemalige Messdiener wieder. Ich finde, die Osternacht ist immer die schönste Nacht des Jahres. Man merkt, dass dies das höchste Fest der Kirche ist.