Mülheim. .
Es war, als ob die Menschen die Kirchentür ganz fest hinter sich zuziehen und alles draußen lassen wollten: Den Alltag, den Stress, die Hektik, die ganze Betriebsamkeit.
Drinnen – in der romanischen St.-Laurentiuskirche in Mintard mit ihren geschwungenen Rundbögen – sorgte Ulla van Daelen mit ihren wunderschönen Harfenklängen für Entschleunigung und Entspannung, für Meditation und Kontemplation. Schon lange nicht mehr war das Gotteshaus, erstmals im 9. Jahrhundert gebaut, so gut gefüllt wie an diesem Frühlingsabend. Es war so voll wie im Mittelalter: Rund 170 Musikliebhaber hatten auf den harten Kirchenbänken Platz genommen.
Als die begnadete Harfenistin mit der rechten Hand die hohen, mit der linken Hand die tiefen Saiten zupfte, schloss so mancher Besucher träumerisch die Augen, ließ sich in eine andere Welt versetzen. Nicht jedoch in eine andere Zeit, denn die Harfenmusik, die Ulla van Daelen ausnahmslos selbst geschrieben hat, darf man mit Fug und Recht als zeitlos bezeichnen.
Die Düsseldorfer Musikerin, die in der katholischen Kirche in Mintard ihr neues Programm „unterWegs“ vorstellte, besticht durch Eigenständigkeit und Authentizität. Jazz, Folklore, Klassik – alles klingt nur an.
Gefühlvoll und sanft
Mit der Harfe der klassischen Musik, auch mit dem Schweizer Harfenisten Andreas Vollenweider, verbindet sie nur die vollkommene Reinheit des Klangs, die durch die Gewölbe, durch Chor und Schiff von St.-Laurentius perlten. Fasziniert die Harfe ohnehin schon durch ihren besonderen Klang, besticht Ulla von Daelen, die freundliche Musikerin mit den langen, blonden Haaren, durch ihre besondere Art und Weise, das Saiteninstrument innovativ zu spielen: Sehr modern, sehr gefühlvoll, sehr sanft, sehr verträumt. Und manchmal sogar rhythmisch, zumal sie dann und wann den Takt durch Klopfen auf den vergoldeten Holzrahmen ihrer Harfe unterstreicht.
Diese Instrumentalmusik, alles andere als verstaubt, braucht keinen Gesang, keine Texte, keine Erklärung. Und doch passten die Texte, die eine Frau zur Musik sprach, die Bilder von Wegen und Landschaften, von Steinen und der aufgehenden Sonne, die auf eine Leinwand im Chor projiziert wurden, gut zu den Lautmalereien der Harfe.
Manches wirkte da schon etwas sphärisch und unbestimmt, vage, ja esoterisch. Etwas wenn es heißt: „Unter der Milchstraße unterwegs/Offen für das Geheimnis der vorbeiziehenden Landschaften und der vielfältigen Kulturen/Im Einklang mit jenen, die geleitet von den Sternen, im Spiel der Zeit ihren Weg erspüren.“
Liebe, Harmonie, Sehnsucht, Geborgenheit
Dennoch bekommt das Gesamtkunstwerk von Musik, Bildern und Texten einen Sinn: Ulla van Daelen geht es nicht nur um pure – aber anspruchsvolle – Unterhaltung. Es geht der Musikerin auch um die Besinnung auf das, was im Leben wirklich zählt: Das Streben und Sehnen nach Erfüllung, nach Liebe, Harmonie, Sehnsucht, Geborgenheit. Und nach Achtsamkeit im Leben, in der Natur und vor Gott.
Die Lieder mit den zarten, sanften und beseelten Klangfarben der Harfe erzählten Geschichten vom Blick auf das Wesentliche. Die Bilder und Texte unterstrichen nur diese Botschaft, die ebenfalls zeitlos ist. Starker Applaus für hohe Qualität. Nach einer Stunde traten die Besucher wie benommen, wie verzaubert vor das alte Kirchenportal.
Die Abendsonne blinkte über die Ruhr. Außer der Sonne hatte Ulla van Daelen mit ihrem Harfenspiel alles da draußen für ein paar Momente weggezaubert…