Mülheim. . Es hätte eine schöne Familiengeschichte werden sollen, doch Nazis und der Krieg führten zu Unterdrückung und Hinmetzelung von Kärtnener Slowenen: Das Stück “Immer noch Sturm“ von Peter Handke feierte nun Premiere im Theater an der Ruhr in Mülheim - ein Hommage an vergessene Generationen.
Durch ein Fenster steigen sie mitten in seinen Traum und lassen den Ich-Erzähler (Volker Roos) nicht mehr los. Es sind die Ahnen, die sich gleichsam wie böse und gute Geister oder als schlechtes Gewissen in sein Leben bohren: Die junge Mutter (Petra von der Beek) mit roten Stiefelchen, die Großeltern (Simone Thoma, Rupert J. Seidl), die düstere Tante (Dagmar Geppert) und drei Onkel (Albert Bork, Klaus Herzog, Marco Leibnitz).
Es hätte ein schöne Familiengeschichte werden können – mitten im idyllischen Kärntner Jauntal, zwischen leuchtenden Apfelbäumen mit dem saftigen Welschbrunner. Wären da nicht die Nazis und der Krieg gewesen, hätte es nicht die Unterdrückung und das Hinmetzeln der Kärntner Slowenen gegeben, die ihrer Sprache und Identität beraubt wurden.
Es gibt kein Leben im Konjunktiv
Und hätten drei Kinder nicht im Krieg ihr Leben gelassen. Wäre, hätte, wenn – es gibt kein Leben und keine Familien-Geschichte im Konjunktiv. „Einmal die Heimat verloren, immer die Heimat verloren.“ Es herrscht „Immer noch Sturm“.
Das gleichnamige Stück von Peter Handke hatte Premiere im Theater an der Ruhr. Volles Haus. Es ist bereits die vierte Inszenierung, die in dieser Spielzeit herauskommt. In bewährter Personalunion entstand das Familienpanorama: Roberto Ciulli (Regie), Helmut Schäfer (Dramaturgie), Gralf-Edzard Habben (Bühnenbild).
Ein äußerst konzentriertes und engagiertes Ensemble stemmt den fast vierstündigen Abend. Mit einem brillanten und dabei sehr poetischen Text ist es eine Hommage an längst vergessene Generationen und Vorfahren, eine Auseinandersetzung mit Schuld und Opferrolle und nicht zuletzt eine Liebeserklärung an die Familie.