Mülheim. .

Ein Mann sitzt auf einer Wiese in Kärnten und trifft seine Familie wieder. Der Mann lebt eigentlich heute und befindet sich dennoch im Kriegsjahr 1942, in dem nahe der slowenischen Grenze Partisanen gegen Hitler kämpfen. Die Menschen, die der Mann trifft, sind allesamt jünger als er es heute ist.

Peter Handke, der in Kärnten aufwuchs, hat mit „Immer noch Sturm“ eine Geschichte geschrieben, die halb Traumspiel, halb Autobiographie ist. Regisseur Roberto Ciulli und Dramaturg Helmut Schäfer sprachen im Theater an der Ruhr noch einmal über das Stück und die hauseigene Inszenierung, die am 28. März Premiere feiern wird. Zudem eröffnet „Immer noch Sturm“ in der Inszenierung des Thalia-Theaters am 19. Mai die Mülheimer Theatertage.

Dass der Mann auf der Wiese, dem Jausfeld in Kärnten, Peter Handke ist, dürfte klar sein. Handke, der mit seiner Sympathie für Serbien und für seine Politik heftig kritisiert wurde, trifft in seiner visionären Geschichte Mutter und Großmutter wieder und weitere Angehörige seiner Familie.

Wunderbare Mischung aus Poesie, Prosa und Theater

Sowohl Ciulli als auch Schäfer lobten die „außerordentliche sprachliche Qualität“ des Textes von Handke, der hier in der Mülheimer Aufführung als Ich-Erzähler von Volker Roos gespielt wird. Wie Schäfer betont, sei sein Buch eine wunderbare Mischung aus Poesie, Prosa und Theater. Ciulli: „Und wir haben den großen Freiraum, das zu interpretieren.“ Helmut Schäfer sagt, dass es hier gar nicht um die „Identität von Biographien, sondern nur um eine große assoziative Nähe“ geht.

Roberto Ciulli sieht in Handkes Familientreffen eine „Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, eine Art Trauerarbeit, die durch einen Kunstgriff die Gegenwart mit der Vergangenheit, mit der eigenen Geschichte versöhnt“. Ansonsten sei dies aber auch eine ganz normale Familiengeschichte mit all ihren Beziehungsgeflechten. Selbstverständlich habe man den Text des aus dem Jahre 2010 stammenden Buches von Handke kürzen müssen. Doch die entscheidenden Kürzungen werden dann erst vorgenommen, wenn das Stück entsteht. Leider müssten dann die Schauspieler „fast 30 Prozent“ des gelernten Textes wieder weglassen. Ciulli: „Ein tolles Training gegen Alzheimer.“

Auch wenn er eingeladen ist, so rechnet man nicht damit, dass der Schriftsteller zur Premiere kommt. Immerhin habe Peter Handke mal eine Einladung zu einem internationalen Gastspiel seines Stückes „Kaspar“, welches das Theater an der Ruhr sehr hartnäckig und konsequent nun schon seit 25 Jahren spielt, mit einem großen Lob beantwortet: „Ihr seid Helden.“