Mülheim. Was die Parteien über die bevorstehende Landtagswahl sagen.
Franziska Krumwiede macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Eigentlich stand für die 26-Jährige jetzt mal die Doktorarbeit an. Doch die kann die Parteisprecherin der Grünen nun fürs Erste auf Eis legen. Seit gestern ist Wahlkampf, Doppel-Wahlkampf sozusagen, einmal um die Bruchstraße, kurz danach um den Landtag. Und während die Grünen im ersten Fall gegen die SPD um Mülheimer Stimmen werben werden, weiß Krumwiede schon, welche Botschaft sie drei Wochen später an dieselben Wähler richten wird: „Für eine starke rot-grüne Mehrheit“ - so läuft es bereits als Banner über die Homepage der Grünen.
Was wie ein Spagat klingt, ist für die grundfröhliche Newcomerin nur eine Kommunikationsaufgabe. Für sie steht fest, dass auch in Mülheim, wenn der Dauerkonflikt Bruchstraße erst einmal so oder so entschieden ist, „alle Zeichen auf Zusammenarbeit zwischen Grünen und SPD stehen“.
Kalt erwischt
Glücklich, wer solche Gewissheiten und mit Barbara Steffens auch schon eine Spitzenkandidatin hat. Andere Parteien hat die Neuwahl vergleichsweise kalt erwischt. Mal fehlen die Kandidaten, mal die Aussichten, dann wieder das Geld, mitunter fehlt es an allem. Bei den Linken räumt Sprecher Gernot Schaper schon ein, dass es „nach den Umfragen nicht gut für uns aussieht“.
Die SPD sieht das anders. „Das wird ein ganz einfacher Wahlkampf. Unsere Lokomotive ist Hannelore Kraft“, sagt ein sehr gelöst klingender Parteigeschäftsführer Arno Klare. Und für ihn steht fest, dass die Lokomotive natürlich genügend Wähler an die Urnen ziehen wird; für Rot-Grün. Im Hinblick auf die Wahlkampfkosten bleibt er allerdings verschwiegen, so gut gefüllt ist die Kasse nach der Großanstrengung 2010 nicht mehr. Nur so viel: „Es wird günstiger, und, wie gesagt, auch einfacher“, so Klare im NRZ-Gespräch.
Auch Klare rätselt, was FDP und CDU bewogen haben mag, den Etat zu kippen und Neuwahlen zu ermöglichen. „Die FDP“, vermutet er, „konnte schlecht von ihrer Ankündigung abrücken, die Einzeletats abzulehnen. Damit wäre sie völlig unglaubwürdig geworden.“ Und die CDU? Die spekuliere vielleicht auf den Merkel-Hype.
Thema Finanzen und Wirtschaft
Solcherlei (Hinter-)Gedanken weist CDU-Vorstandsmitglied Heiko Hendriks entscheiden zurück: „Die Ablehnung des Etats war eine rein sachlich begründete Entscheidung. Der vorgelegte Haushalt war einfach nicht tragbar.“ Im Wahlkampf sieht er das Thema Finanzen und Wirtschaft ganz weit vorne und in einem möglichen Scheitern von FDP und Linken die Chance für die Mülheimer CDU, wieder einen Kandidaten über die Landesliste ins Parlament zu bekommen.
Aber welchen? Stünde er als Kandidat zur Verfügung? „Am Montag trifft sich erst mal der Parteivorstand“, sagt Hendriks. Nein sagt er nicht, nur: „Aus meiner Äußerungen sollten Sie keinerlei Schlüsse ziehen.“ Was die Wahlkampfkosten betrifft, ist man bei der CDU allerdings auskunftsfreudiger als bei den Sozialdemokraten: „Ich rechne mit 20- bis 30.000 Euro“, so Schatzmeister Werner Oesterwind.
"Die Stimmung für die FDP ist nicht optimal"
Von Geld spricht die FDP erst gar nicht, vielleicht ist es auch ihr geringstes Problem. „Die Stimmung für die FDP ist nicht optimal“, weiß Christian Mangen, um gleich danach aus der Prognose-Not eine Tugend zu machen. „Die Demoskopen haben uns schon mal bei vier Prozent gesehen und wir haben acht bekommen.“ Zwei Monate habe man noch Zeit zu punkten, etwa mit Ladenöffnung, Finanzen, Rauchverbot und Industriepolitik. Und wenn alles nicht hilft? „Lieber eine Wahl verlieren als eine Überzeugung“, sagt Mangen, der noch nicht weiß, wer die FDP überzeugend vertritt. Vielleicht macht er es ja wieder selbst.
Weit mehr Hoffnung haben da die Piraten. „Bei mir steht seit Stunden das Telefon nicht mehr still“, sagt Carsten Trojahn. Sie kennen den Mann nicht? Noch nicht. Trojahn ist Gründungsmitglied der Mülheimer Piraten und NRW-Generalsekretär. In Mülheim gibt es 33 Mitglieder. Bei der Landtagswahl 2010 schnitt man noch unter ferner liefen ab. Das wird sich ändern, jedenfalls sehen die Umfragen die Partei im künftigen Parlament. „Wir haben es selbst in der Hand“, sagt Trojahn. Wen die Partei aufstellen wird? „Das wird die Basis entscheiden.“ Selbst Piraten haben heutzutage eine Satzung.