Mülheim. .

Gambo ist der Streber in der Klasse von Pepita Deckers Hundeschule Tralla Fitti. Es ist Übungsstunde am Broicher Waldweg, und Gambo macht, was Herrchen Thomas Impelmann will. An Fremden vorbei gehen, ohne zu bellen oder gar zu springen? Für Gambo kein Problem. So manch anderer Hund knurrt oder kläfft.

Dabei ist Gambo im Gegensatz zu den anderen Vierbeinern der „gefährliche Hund“. Denn Gambo ist ein Pitbull und steht damit auf der Rasseliste des Landeshundegesetzes. Vor rund zehn wurde das Gesetz verabschiedet. Zeit, Bilanz zu ziehen.

Beißvorfälle auf gleichbleibendem Niveau

2011 waren 76 „gefährliche Hunde“ in Mülheim gemeldet. Die Zahl ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes leicht gestiegen – 2003 waren 53 Tiere registriert. Über die Dunkelziffer lassen sich keine zuverlässigen Aussagen treffen. Im Gegensatz dazu ist die Zahl der „Hunde bestimmter Rassen“ – dazu zählen etwa Rottweiler oder American Bulldog – leicht gesunken von 93 auf 86 Vierbeiner. Die Beißvorfälle bewegen sich seit Jahren auf einem gleichbleibenden Niveau. Insgesamt registrierte das Veterinäramt von 2003 bis 2011 16 Beißvorfälle von „gefährlichen Hunden“. Neun Tiere wurden seit Inkrafttreten beschlagnahmt: „Aber teilweise gar nicht, weil sie gefährlich sind“, erklärt Heike Schwalenstöcker-Waldner, Chefin des Veterinäramtes, sondern weil die Halter die Auflagen nicht erfüllt hätten.

Eindeutig gesunken ist die Zahl der „gefährlichen Hunde“ im Tierheim. Zu Beginn waren es 32, aktuell sind es noch drei Tiere. „Am Anfang hatten wir eine Schwemme von Hunden“, sagt Schwalenstöcker-Waldner. Darunter waren teilweise auch Welpen, obwohl das Landeshundegesetz die Zucht der Tiere verbietet. Jetzt sei die Situation besser: „Wir bekommen nur noch wenige solcher Hunde rein. Die Situation hat sich entschärft.“ Die meisten Tiere landen im Tierheim, weil die Besitzer die Auflagen nicht erfüllten.

"Die Rasselisten haben sich nicht als sinnvoll erwiesen"

Pepita Decker ist seit 15 Jahren Inhaberin einer Mülheimer Hundeschule und begleitet Verhaltensprüfungen als Sachverständige. Was hat das Landeshundegesetz verändert? „Zunächst hat es ganz viele Besitzer von freundlichen Listenhunden verunsichert“, sagt Decker. Landesweit gesehen gäbe es weniger von den „gefährlichen Hunden“, weiß die Expertin und bilanziert: „Die Rasselisten haben sich nicht als sinnvoll erwiesen. Es ist nicht richtig, dass nur einige Besitzer eine Prüfung ablegen müssen.“ Vielmehr fordert sie, dass jeder Halter einen Hundeführerschein ablegen muss. Denn das Problem seien nicht die Vierbeiner: „In den ganzen Jahren hatte ich nicht einen Hund in der Prüfung, der durchgefallen ist, weil sich der Hund daneben benommen hat.“

Herausfordernde Auflagen für Familien

Familie Impelmann trainiert täglich mit dem eineinhalbjährigen Gambo für den Verhaltenstest. Vor einem halben Jahr haben sie den Vierbeiner aus dem Duisburger Tierheim geholt. Dort war der Hund gelandet, weil der Vorbesitzer die Auflagen nicht erfüllt hatte. Wieso sie sich für einen vermeintlichen „Kampfhund“ entschieden haben? „Wir kannten Gambo schon“, erklärt Impelmann. Die Familie betreute den Hund bereits, als er noch im Tierheim war, ging etwa mit ihm spazieren. Gambos Wesen überzeugte. Wie reagieren Passanten auf den kräftigen Hund? „Es gab bis jetzt nur zwei blöde Bemerkungen“, erzählt Brigitte Impelmann. Herausfordernder sind die Auflagen, die die Familie erfüllen muss. So muss sie etwa bis zur Verhaltensprüfung, die Gambo mit zwei Jahren ablegen muss, den Behörden nachweisen, dass sie in die Hundeschule gehen. „Das ist ein Spießrutenlauf“, weiß Decker von vielen ihrer Kunden, die einen „gefährlichen Hund“ halten.