Mülheim.

Für ihre Anstrengungen in punkto Berufsorientierung wurde die Hauptschule an der Bruchstraße häufig gelobt. Darauf ist sie offen stolz, möchte aber noch mehr: Mit Partnern aus Wirtschaft und Verwaltung wurde der „Initiativkreis Ausbildungsreife“ gestartet.

Dessen Gründung und (insbesondere) Bekanntmachung geschieht vermutlich nicht zufällig so kurz vor den nächsten Anmeldeterminen. Die akut gefährdete Schule in Eppinghofen will ihre Stärken zeigen, die Berufsvorbereitung gehört zweifellos dazu. Für ihre hohen Vermittlungszahlen wurde sie im Herbst von der Landesregierung als „herausragende Schule“ ausgezeichnet.

Aus den letzten Abschlussklassen, berichtet der Berufswahl-Koordinator Jürgen Parussel, hätten über 60 Prozent der Jugendlichen eine betriebliche oder schulische Berufsausbildung aufgenommen. Die Abbrecherquote habe in zwei untersuchten Jahrgängen nur bei fünf Prozent gelegen. „Wir wollen aber nicht stehen bleiben“, sagt Schulleiterin Gabriele Klar, „sondern noch besser werden.“

"Wir haben jeden Azubi übernommen"

Auf dem Weg dorthin durchlaufen die Jugendlichen ab der achten Klasse mehrere Praktika, idealerweise stets im selben Betrieb. So wie die Zehntklässler Pierre Hirtz und René Treis, die sich seit längerem bei der Friedrich-Wilhelms-Hütte (FWH) erproben, die dem „Initiativkreis Ausbildungsreife“ angehört. Beide Jungs können im Spätsommer eine Ausbildung zum Gießereimechaniker beginnen. Mit Perspektive: „Seit 1998“, sagt Horst Rüsing von der FMH, „haben wir jeden Azubi übernommen. Auch in der Krise.“

Gerade von Vertretern der Arbeitgeber wurden in der ersten Sitzung des neuen Arbeitskreises Ende Februar aber auch manche Defizite bei den Jugendlichen bemängelt. Beispiele nennt Annika Czaikowski, Geschäftsführerin mehrerer Edeka-Märkte, die in den letzten Jahren fünf Bruchstraßen-Schüler(innen) als Azubis eingestellt hat und generell sehr zufrieden war: „Man könnte Nachhilfe im Bereich Mathematik speziell für den Handel anbieten, etwa Prozentrechnung, oder im Deutschunterricht das Schreiben von Berichten üben.“

Schüler in neue Berufsfelder locken

Weitere Ideen wurden im Initiativkreis gesammelt: Vertreter von Firmen könnten Ausbildungsverträge oder Gehaltsabrechnungen im Unterricht erläutern, Azubis aus ihrem Arbeitsalltag berichten. Das fünfköpfige Berufsorientierungs-Team der Hauptschule will nun versuchen, solche Anregungen, die Jugendliche fitter für eine Ausbildung machen, ab nächstem Schuljahr in den Lehrplan aufzunehmen. Drei große Bereiche werden berücksichtigt: gewerblich-technisch, kaufmännisch und sozial-pflegerisch. Für ein differenziertes Training anbieten würden sich die Wahlpflichtfächer am Nachmittag. Alle glauben: „Wenn die Jugendlichen wissen, wofür sie lernen, ist das eine ganz andere Motivation.“ Erklärtes Ziel ist auch, die Schüler in neue Berufsfelder zu locken.

Pflegerische Ausbildungen werden kaum gewählt

So werden pflegerische Ausbildungen bislang kaum gewählt, obwohl der Fachkräftebedarf dort hoch ist. In diesem Sinne ist nun das Wohnstift Dichterviertel mit im Boot, aber auch die Stadt. „Wir haben zahlreiche Kontakte im Bereich der ambulanten und stationären Pflege“, betont Jörg Marx, Planer beim Sozialamt, „und bieten von städtischer Seite an, dass Mitarbeiter der Heimaufsicht in die Schulklassen kommen, um über die Anforderungen in der Praxis zu berichten.“

Für handwerkliche Berufe könnten dies ebenfalls Profis übernehmen. Die städtische Wirtschaftsförderung Mülheim & Business, genauer: deren zdi-Zentrum, wäre bereit, den Handwerkern etwaige Verdienstausfälle an solchen Schultagen zu erstatten.