Mülheim.

Diese Unternehmensgeschichte fängt an wie manche bekannte: in einer Garage. Nur das diese Garage nicht etwa in Kalifornien lag, sondern in Mülheim, der Stadt der Lederindustrie. Im Jahr 1983 war das.

Der Vater von Per Worring machte sich selbstständig, gründete ein Handelsunternehmen für Leder. „Mein Vater hat bei einem Ledergroßhandel gearbeitet“, erinnert sich der Sohn Per Worring (45): Die Firma, bei der der Vater Angestellter war, ging pleite, und Worring Senior den Schritt zum eigenen Chef.

Aus der Garage ist eine große Lagerhalle mit angrenzenden Büros an der Lahnstraße geworden. Ein Ledergroßhandel mit Millionen-Umsatz, der weltweit vernetzt ist. Zusammengerechnet lagern hier rund 10.000 Quadratmeter Tierhäute in den Regalen. Dennoch riecht es kein bisschen nach Tier – trotz eines Rudels Kojotenpelze, das an einem Regal baumelt. Leder und Fell stammen zum größten Teil aus Europa, aber auch Exoten sind darunter, wie etwa der Python, den Per Worring auf dem Tisch ausrollt.

Ein dichtes Netz, aus kleinen, runden Kreisen

Weich fühlt sich das Leder mit der beeindruckenden Musterung an. Daneben liegt die Haut eines Perlrochens. Sie ist rot eingefärbt, die knochenartigen Wölbungen wurden abgeschliffen, so entstand ein dichtes Netz aus kleinen, runden Kreisen.

Neben Per Worring gibt es einen zweiten Geschäftsführer. Lars Jansen (44) machte seine Ausbildung im Unternehmen – drei Jahre nach dessen Gründung. Worring erklärt, der Vater habe gewollt, dass beide zusammen die Firma übernehmen. Seit 2008 sind sie Geschäftsführer, haben fünf Mitarbeiter.

Worring und Jansen sitzen in einem Nebenraum der Lagerhalle. Wie es früher war in der Lederstadt? „Als ich 1986 die Lehre begann, gab es hier viele Gerbereien“, sagt Jansen. Mit den alten Unternehmen haben sie zusammengearbeitet. „Das hat Spaß gemacht“, rein in die Firma, Ware ausgesucht, Handschlag drauf.

"Wir haben nicht so viel Schweine"

Lokalpatrioten seien sie geblieben – und würden daher heute bewusst in Deutschland einkaufen. Doch wollen sie etwa Schweinsleder haben, müssen sie auf den asiatischen Markt ausweichen, weil in Deutschland traditionell mehr Leder von Großrindern produziert wird. „Wir haben nicht so viele Schweine.“

Das Sortiment ist breit gefächert: Leder für Babyschuhe ist darunter. Oder Nackenschutzleder für die Helme der Feuerwehrleute. Exotisches, wie Schlange oder Krokodil, kommt von Zuchtfarmen und nur mit Zertifikat durch den Zoll. Bedrohte Arten dürfen nicht eingeführt werden. Ob es unmoralische Angebote in der Branche gibt? Die beiden nicken, ihnen wurden schon Hundefelle aus China offeriert. „Von so was halten wir Abstand.“ Und schließlich hat der Ledergroßhandel heutzutage mehr als Leder im Lagerregal. Ein Hightech-Produkt, das einst für die Ackerpferde der Amische entwickelt wurde: BioThane ist aus speziellem Kunststoff, hat im Inneren ein stabiles Gewebe, ist weich wie Leder , aber nicht so pflegeintensiv. Es kommt etwa im Reitsport zum Einsatz.