Brigitte Wennmann ist Lampenschirm-Herstellerin – eine der letzten Deutschlands.
Ihre Arbeit wird angestrahlt, deshalb muss sie perfekt sein. Erleuchtet und bei Lichte besehen wirft jede Fluse und Falte, jeder Fleck sofort einen Schatten. Nie würde Brigitte Wennmann mit einem Wollpulli in ihrer Werkstatt stehen oder mit eingecremten Händen Stoffe, Schablonen oder Stangen berühren. Bei der Sorgfalt kennt sie kaum Grenzen. „Am besten nicht atmen“, sagt sie und meint es nur halb im Scherz. So sehr liegt ihr ihre Handarbeit am Herzen.
Dabei führte Brigitte Wennmanns erster beruflicher Werdegang in eine andere Richtung: Sie arbeitete als Bankfachwirtin, war damit aber unglücklich. Heute weiß sie, was ihr fehlte: Spaß, Erfüllung, Kreativität. Dies fand sie, als sie von der Bank an die Werkbank wechselte und ins Familienunternehmen einstieg.
Ihr Großvater gründete 1930 eine Lampenschirm-Herstellung in Bochum. Ihre Eltern übernahmen die Produktion 1948. Dort lernte Brigitte Wennmann die Arbeit „von der Pike auf“. Ein richtiger Ausbildungsberuf ist es nicht, da dieses Handwerk kaum noch verbreitet ist. „Vielleicht sieben Großproduzenten“, schätzt die Mülheimerin, gebe es noch in Deutschland. Die meisten fertigen für den Handel. Als Brigitte Wennmann aber das Familiengeschäft übernahm und mit ihrem Mann nach Mülheim zog, änderte sie das Unternehmenskonzept: Seitdem entwirft sie Lampenschirme für Privatleute, passend zu Einrichtung und Lichtverhältnissen. Zunächst verkaufte sie „Lampenträume“ am Blötter Weg, nun hat sie Geschäft und Werkraum im Dorf Saarn.
Dort stapeln sich ihre Arbeitsmaterialien: rund 500 Stoffe beispielsweise und Musterkataloge namhafter Firmen, dazu 5000 Ringe als Rahmen und 4000 Meter Borte und Fransen. Denn die 52-Jährige lässt sich bei der Gestaltung der Lampenschirme ganz auf den Geschmack ihrer Kunden ein. Klassische Schirmformen mit Troddeln und Bordüren fertigt sie, legt in stundenlanger Arbeit Stoff in Falten, zieht Designer-Stoffe über schlichte Formen oder entwirft Lampen, die eher Lichtobjekte sind. „Ich habe auch Kunden, die Fotos auf Stoff drucken lassen“, sagt die selbst ernannte „Schirmherrin“, und: „Ich versuche alles.“
Immer wieder steht sie so vor handwerklichen Herausforderungen; hinzu kommen technische Neuerungen. „Die Zukunft sind LED-Leuchten“, sagt die Fachfrau. Dem muss sie sich anpassen. „LED-Leuchten gibt es inzwischen in Glühbirnen-Form, doch die sind größer als alte Glühlampen. Deshalb guckt oft die Fassung unter dem Schirm raus.“
All dies gilt es zu bedenken – und noch mehr; denn Lampen sollen eben nicht nur dekorativ sein, sondern auch erhellend. Im Fall von Büroeinrichtung oder Kindergartenausstattung, die Brigitte Wennmann auch schon anfertigte, kann das gar mit (arbeitsschutz)rechtlichen Vorgaben einhergehen. Doch eben diese Vielseitigkeit gefällt Brigitte Wennmann an ihrem zweiten Beruf, den sie mit Leidenschaft ausübt. „Ich bin ein Schöngeist. Und ich bin froh, dass ich das erfahren habe und mit anderen teilen kann.“