Mülheim. .

Faul auf dem Sofa sitzen ist nichts für Christel Schrör-Hilberath und Herrmann Schrör. Immerhin haben die beiden viel Erfahrung in ihren Berufen als Dolmetscherin und Braumeister gesammelt. Diese wollen sie weiter geben, an Kinder und Jugendliche, die keinen intakten familiären Hintergrund haben und die ihre Hilfe gebrauchen können.

Daher engagiert sich das Ehepaar gemeinsam mit über 30 anderen Ehrenamtlichen beim Ziel-Projekt. In diesem helfen Freiwillige, die bereits in Rente sind, Schülern beim Lesen, bei Problemen in Mathe oder sie malen, basteln und musizieren mit ihnen. Wurden die Freiwilligen bislang nur in Hauptschulen vermittelt, wird das Projekt nun auch auf Realschulen ausgeweitet.

Gebhard Lürig freut sich über das ehrenamtliche Engagement, dass die fünf Teilnehmer des Ziel-Projekts bald an seiner Schule einbringen werden. „Viele Schüler können diese Unterstützung gebrauchen“, sagt der Schulleiter der Realschule Stadtmitte. In einzelnen Unterrichtsstunden bringen die freiwilligen Kursleiter bald ihr Wissen, ihre Hobbys und ihre Lebenserfahrung ein.

Viele Freiwillige beteiligen sich am Projekt

Das Ziel-Projekt läuft bereits seit sieben Jahren und wird vom Centrum für Bürgerschaftliches Engagement (CBE) koordiniert. Projektleiterin Marlies Rustemeyer betreut die über 30 Ehrenamtlichen, die bislang an den Mülheimer Hauptschulen im Einsatz waren. Nun haben auch Realschulen Bedarf angemeldet. „Und wir wollen da Angebote bieten, wo sie gebraucht werden.“ Aber sie weiß: „Um dieses Ehrenamt auszuüben darf man nicht zartbesaitet sein.“ Denn: „Man hat mit Jugendlichen zu tun, die ihre Grenzen testen – das ist nicht immer einfach.“

Diese Erfahrung hat das Ehepaar Schrör-Hilberath bereits gemacht. Sie wollten auch nach der Berufstätigkeit aktiv sein und hatten „schon immer Spaß im Umgang mit Kindern.“ In der Grundschule Bruchstraße bringen sie seit einem Jahr Schülern mit Migrationshintergrund das Alphabet bei. „Die Kleinen haben zwischendurch auch auf den Tischen getanzt. Aber damit muss man lernen, umzugehen“, wissen die beiden.

„Was sozial Sinnvolles“ machen

Auch Rolf Kinscher hat sich als Freiwilliger dem Projekt verschrieben. „Ich gebe zwei Hauptschülerinnen der achten Klasse Mathe-Nachhilfe“, erklärt Rolf Kinscher. Nach 31 Jahren als Mathelehrer am Gymnasium wollte er „was sozial Sinnvolles“ machen. „Ab kommender Woche gebe ich dann auch in der Realschule Nachhilfe.“

Benno Braun betreibt Leseförderung und unterrichtet benachteiligte Schüler in Rechtskunde. Als Jugendrichter hat Braun 25 Jahre am Amtsgericht Gelsenkirchen gearbeitet und weiß, wie schnell Jugendliche auf die schiefe Bahn geraten können. Mit Kindern der siebten Klassen spielt er daher in Rollenspielen Gerichtsverhandlungen nach. So erklärt er ihnen die Aufgaben von Polizei und Staatsanwaltschaft, berichtet von alten Urteilen und Fällen, die er im Laufe seiner Richterkarriere gesammelt hat. Wenn sich die Teilnehmer gut benehmen, besucht er mit dem Kurs auch Gerichtsverhandlungen. Schließlich sei er immer wieder erschrocken, dass die Jugendlichen ihr Wissen hauptsächlich aus dem Fernsehen beziehen.

Die Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen sei schon manchmal anstrengend, vor allem wenn es um die Leseförderung geht, gibt Braun zu. „Die Kinder lesen einfach nicht mehr.“ Doch auf die Frage nach seiner Motivation, weiterhin ehrenamtlich zu unterrichten, hat er schnell eine Antwort: „Wenn es mir gelingt, nur einen Jugendlichen von Straftaten abzuhalten, hat sich mein Einsatz schon gelohnt.“