Mülheim. .

Sie leben bei diesen frostigen Temperaturen auf der Straße. Rund minus acht Grad sind es gestern Mittag. Der Wind fühlt sich auf der Haut noch eisiger an. Frank ist 45 Jahre alt und obdachlos. Stefanie (27) hat zwar eine Wohnung in Mülheim, doch weil sie keinen Job und viele Schulden hat, ist sie tagsüber auf der Straße, wartet auf Spenden der Passanten. Die schenken ihr ein paar Münzen, Futter für Hündin Chiara, einen Kaffee. Frank sitzt in der Nähe des Eingangs zum Hauptbahnhof, zieht sich die Wolldecke bis zum Bauch hoch. Vor ihm steht ein kleines rosafarbenes Schälchen für die Geldstücke. Stefanies Schale ist blau. Sie hat ihr Lager in der Fußgängerzone der Schloßstraße aufgeschlagen, gemeinsam mit ihrer Hündin. Sie möchte ihren vollen Namen und ihr Foto lieber nicht in der Zeitung sehen.

Wie lange leben Sie schon auf der Straße?

Frank: Seit zwölf Jahren bin ich in Mülheim auf der Straße. Seitdem das mit meiner Frau war. Aber darüber möchte ich nicht reden.

Stefanie: Ich lebe nicht auf der Straße, ich habe eine Wohnung. Seit zweieinhalb Jahren verbringe ich tagsüber einige Stunden in der Fußgängerzone und bekomme hier etwas Geld von den Passanten. Ich könnte entweder kriminell werden oder auf diese Art mein Geld verdienen. Es ist zwar sehr erniedrigend, aber lieber so als kriminell zu sein.

Wie schützen Sie sich vor den eisigen Temperaturen, die momentan herrschen?

Stefanie: Warm anziehen! Außerdem bringe ich mir eine Mülltüte, eine Rettungsdecke und eine Lammwolldecke mit, auf die ich mich setze. Das wichtigste ist, dass von unten keine Kälte kommt. Dann kann man es aushalten.

Frank: Natürlich hilft Alkohol, aber nicht lange. Einige Obdachlose sind so betrunken, dass sie nicht merken, wenn sie auskühlen. Das ist tödlich! Ich trinke keinen Alkohol. Mir hilft Kaffee, warme Kleidung, eine Decke.

Haben Sie eine Möglichkeit, sich tagsüber irgendwo aufzuwärmen?

Frank: Ich kann dann ins Forum gehen. Wenn man sich dort benimmt, nicht trinkt oder aggressiv ist, dann sagt keiner etwas.

Stefanie: Wenn es so kalt wird, dass ich es gar nicht mehr aushalte, kann ich nach Hause gehen.

Wie erleben Sie den jetzigen Winter bisher?

Frank: Es ist der schlimmste Winter, seitdem ich auf der Straße lebe. Daher schlafe ich nachts nun bei Kollegen, mal da, mal da.

Stefanie: Die Kälte in diesem Winter macht einem schon schwer zu schaffen. Aber der viele Schnee im letzten Winter erschien mir durch die Nässe noch unangenehmer.

Wie reagieren die Passanten auf Sie, wenn Sie hier auf der Straße sitzen?

Stefanie: Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Bei diesem kalten Wetter haben mehr Menschen Mitleid mit mir. Das ist auch immer vor Weihnachten und anderen Feiertagen so.

Frank: Bei diesem Wetter sind die Leute den Obdachlosen gegenüber achtsamer und kommunikativer. Aber auch sonst sind die Menschen in Mülheim nett.

Bedeutet das auch, dass die Passanten Ihnen mehr Geld spenden, wenn es so frostig ist?

Frank: Ja. Man bekommt aber auch viel Kaffee gespendet. Letztens hat mir jemand eine Decke vorbeigebracht, ein anderer einen Schal.

Stefanie: Viele Menschen geben lieber Nahrungsmittel oder warme Getränke als etwas Kleingeld. Es gibt einige, die bringen auch extra Hundefutter für Chiara mit. Da wissen sie, dass es ankommt. Das ist wegen der organisierten Kriminalität, den Banden, die gezielt Leute zum Betteln losschicken und abends kommt einer mit dem Auto, sammelt die Bettler wieder ein und nimmt ihnen das Geld weg. Und ein Butterbrot ist mir manchmal auch lieber als Geld.

Eisübung der Mülheimer Feuerwehr

Übung der Mülheimer Berufsfeuerwehr     Bild: Stephan Glagla
Übung der Mülheimer Berufsfeuerwehr Bild: Stephan Glagla © Stephan Glagla / WAZ FotoPool
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