Mülheim.

Nasen triefen, Zähne klappern, Finger frieren ein – heute ist der bislang eisigste Tag in diesem Winter. Bei bis zu minus zehn Grad friert ganz Mülheim. Darüber können die Finnen in Mülheims nördlichster Partnerstadt Kuusankoski bei Temperaturen um minus 20 Grad nur lachen. Ihr Tipp: Warm Anziehen, ein Süppchen essen und in die Sauna gehen.

Obdachlose Menschen haben es diesen kalten Tagen besonders schwer. Häufig suchen sie tagsüber in öffentlichen Gebäuden Schutz vor der Kälte oder wärmen sich dort auf. Ist man ihnen bei Kälte toleranter gegenüber? „Wenn sich jemand beispielsweise ins Medienhaus setzt und ein Buch liest, wird er garantiert nicht hinausgeworfen“, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels. „Es sei denn, er ist alkoholisiert oder raucht Zigaretten.“ Und nachts? „Es gibt genügend Möglichkeiten, obdachlose Menschen unterzubringen.“ Schlafplätze gebe es in Styrum für Frauen und in Broich für Männer.

Pastor Michael Janßen bestätigt: „In Mülheim braucht niemand ohne Dach über dem Kopf zu sein.“ Jeden Donnerstag versorgt die kath. Gemeinde St. Mariä Geburt Obdachlose mit Essen und heißen Getränken. „An solch kalten Tagen ist meist mehr los.“ Und in der Kirche selbst? Dort sei es zwar nicht „warm wie in einem Wohnzimmer“, dafür aber ordentlich geheizt. „Einen dicken Mantel und Schal sollte man schon anziehen.“

Bei RWW (Rheinisch Westfälische Wasserwerke) gibt es kaum eingefrorene Wasserrohre. „Seit gestern hatten wir 15 Fälle“, erklärt Birgit Kirch. „Das waren aber nur kleinere Rohrbrüche oder eingefrorene Zähler, die mit Heizlüftern wieder aufgetaut werden konnten.“ Hier und da ein offenes Kellerfenster oder nicht isolierte Außen-Wasserhähne – „das sind Schäden, die im üblichen Rahmen liegen.“

Den Babyziegen, die erst vor kurzem im Witthausbusch zur Welt kamen, kann die Kälte nicht viel anhaben. „Das sind heimische Tierarten, die an das Wetter gewöhnt sind“, weiß Sylvia Waage, Leiterin des städtischen Grünflächenmanagements. Wenn wir uns im Winter dicke Jacken anziehen, bekommen Schafe oder Ziegen ihr Winterfell. Um gut gerüstet zu sein, werden sie außerdem mit einem Kraftfutter-Gemisch aus Rüben, Kartoffeln und Kleie gefüttert. „In ihren Ställen haben sie Heizstrahler und Infrarotlampen, die vor allem nachts Wärme spenden.“

Marianne Persin hat gleich drei Heizstrahler hinter ihrem Gemüse- und Eier-Stand auf dem Markt an der Schloßstraße aufgebaut. Rund um den Stand schützt eine Plane vor dem eisigen Wind. „Die Kartoffeln dürfen keinen Frost haben.“ Die Eier seien da nicht ganz so empfindlich. Trotzdem: „Hier lässt es sich gut aushalten“, finden ihre Kunden.

Nebenan hat Rosita Schaaf ihr eigenes Rezept gegen die Kälte: „Ich mach mir warme Gedanken“, lacht die Markthändlerin, die von 7 bis 14 Uhr auf der Schloßstraße Wurstwaren verkauft. Und schon ziemlich eingefroren ist. Aber: „Mittlerweile bin ich abgehärtet.“ Ob Sommer oder Winter, die Markthändler sind bei jedem Wetter draußen. Dafür freut sich „Mettwurst-Rosi“ – wie sie von ihren Kunden genannt wird – schon auf den Feierabend. „Dann gehe ich zu Hause heiß baden und danach kuschelig ins Bett.“ Auch wenn sie ihre Finger kaum noch spürt und das Spülmittel längst steinhart gefroren ist, die Kälte habe auch etwas Gutes: „Seitdem verkaufe ich viel mehr Mettwurst.“ Warum? „Weil bei dem Wetter alle Leute Lust auf Grünkohl haben.“