Mülheim. Warum sich der organisierte Frohsinn auszahlt, erklärt der Präsident des Hauptausschusses Groß-Mülheimer-Karneval, Heiner Jansen.

Karneval – das ist für viele nur Spaß an der Freud zwischen Altweiber und Aschermittwoch. Für Heiner Jansen, der seit elf Jahren als Präsident des Hauptausschusses Groß-Mülheimer-Karneval den von 13 Gesellschaften und 1700 aktiven Karnevalisten getragenen organisierten Frohsinn managt, ist der Karneval zur Lebensaufgabe geworden. Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Wie viel Manager und wie viel Jeck ist in Ihnen?

Vor elf Jahren habe ich über den Karneval nachgedacht. Aber dass ich ihn nicht nur manage, sondern auch mit dem Herzen dabei bin, hätte ich damals nicht gedacht.

Warum brauchen wir den Karneval, den manche belächeln?

Karneval ist Brauchtum. Das ist aber auch Singen, Tanzen und Kommunikation. Karneval in Mülheim, das sind aber auch 650 in den Vereinen aktive Kinder und Jugendliche. Wir leisten nicht nur Erziehungs-, sondern auch Sozialarbeit, wenn ich etwa an unsere Veranstaltungen in Altenheimen oder im Fliednerdorf denke.

Was kostet der Karneval?

Als ich vor elf Jahren mein Amt antrat, habe ich darauf hingewiesen, dass wir zur Finanzierung des Karnevals einen Pool von Werbepartnern und Sponsoren aufbauen müssen. Das ist uns auch gelungen. Der Hauptausschuss Groß-Mülheimer-Karneval hat heute 75 Frauen und Männer, die ihn als Ehrensenatoren unterstützen. Ob Wagenbau und Wurfmaterial für den Rosenmontagszug oder Kostüme für unsere Tanzgarden, das kann man heute nicht mehr nur mit Mitgliedsbeiträgen und Eintrittsgeldern finanzieren.

Rosenmontagszug lockt bis zu 70.000 Menschen in die Innenstadt

Warum lohnt es sich, den Karneval zu sponsern?

Der Mülheimer Karneval steht wie ein mittelständiges Unternehmen mit einem hohen sechsstelligen Umsatz da. Bundesweit macht der Karneval etwa drei bis vier Milliarden Euro Umsatz. Der Karneval kann also viel für seine Werbepartner tun. Wir haben als Karnevalisten ja auch eine Kaufkraft und bringen Menschen unterschiedlicher Generationen zusammen, die feiern wollen, sei es bei Saalveranstaltungen oder beim Rosenmontagszug, der bis zu 70.000 Menschen in die Innenstadt lockt. Dort kann man auch werben. Und es gibt nicht wenige Karnevalisten, die nicht nur in Autohäusern feiern, sondern dort dann auch ihren Wagen kaufen.

Ist es schwieriger geworden, Sponsoren für den Karneval zu gewinnen?

Mein Vorteil ist, dass ich das als Mann des Marketings und der Kommunikation gelernt habe. Deshalb fällt es mir leichter, Sponsoren anzusprechen als anderen. Aber es ist natürlich nicht einfach, Partner zu gewinnen. Man muss einfach mit den richtigen Argumenten auf die richtigen Menschen zugehen und ihnen zeigen, was ihnen der Karneval zu bieten hat.

Aber wird es nicht auch schwieriger, Menschen als zahlende Veranstaltungsbesucher in die Säle zu locken?

Natürlich muss man was tun und Qualität bieten. Wenn Sie keine guten Programmpunkte haben, spricht sich das schnell rum. Aber mein Eindruck war, dass die Veranstaltungen, die ich bisher besucht habe, fast ausverkauft waren, ob beim Prinzenball und den Prinzenproklamationen, bei der Närrischen Nacht oder auch der Herrensitzung im Autohaus Extra.

Kooperation mit Kitas

Können vor allem die kleineren unter den 13 Karnevalsgesellschaften diese Qualität noch bieten oder sollten sie sich mit anderen Gesellschaften zusammenschließen, um ihr Potenzial zu vergrößern?

Das ist schwer, weil jede Gesellschaft selbstständig bleiben möchte. Aber mein Standpunkt ist: Gemeinsamkeit macht stark und ehe eine Gesellschaft finanzielle Sorgen hat, sollte sie sich lieber mit einer anderen Gesellschaft zusammenschließen. Aber man kann ja auch Veranstaltungen zusammen machen, ohne gleich zu fusionieren.

Hat der Karneval Nachwuchsprobleme?

Muelheim Helau

1/37

Das ist im Karneval nicht anders als in allen anderen Vereinen. Deshalb werden die Gardemädchen beim Rosenmontagszug auch 5000 Flyer mit den Kontaktdaten der Karnevalsgesellschaften und dem, was sie suchen, unter die Leute bringen. Wir müssen auch noch mehr Werbung in den Kindertagesstätten und Grundschulen machen. Denn die Kinder von heute sind die Erwachsenen von morgen. Warum sollen Kitas und Grundschulen nicht nur mit Sport-, sondern auch mit Karnevalsvereinen kooperieren, wenn ich etwa an Tanzgarden denken. Tanz ist ja auch Sport und Bewegung. Wir brauchen aber auch neue Wagenbauer. Deshalb haben wir gerade erst ein Wagenbauseminar mit 20 interessierten Damen und Herren durchgeführt. Außerdem stehen wir im engen Kontakt mit dem Centrum für Bürgerschaftliches Engagement, das wir 2001 ja mitgegründet haben.

Warum ist der Mülheimer Rosenmontagszug bereits genehmigt, während die Genehmigung in einigen Nachbarstädten noch aussteht?

Auch hier waren es unsere Werbepartner, die es uns ermöglicht haben, frühzeitig mehr Geld in den Wagenbau, aber auch in Ordner, Absperrgitter oder Seile für die Absicherung der Rosenmontagszugwagen zu investieren und damit den erhöhten Sicherheitsansprüchen gerecht zu werden.

Hat der Karneval nach der Schließung des Festsaales im Handelshof Raumnot?

Es ist schade, dass uns der Handelshof nicht mehr zur Verfügung steht, aber bis auf eine haben wir alle Gesellschaften in anderen Sälen unterbringen können, und vielleicht ergeben sich mit der neuen Aula der Luisenschule auch für uns neue Möglichkeiten für einen neuen Veranstaltungsort. Allein in der Stadthalle machen wir zehn Veranstaltungen, von denen auch die Stadthallengastronomie profitiert. Hinzu kommen der Altenhof und die Styrumer Union sowie das Autohaus Extra.

Hat der Mülheimer Karneval Zukunft?

Ja, denn wir sind gut aufgestellt, sowohl bei den Sponsoren, die uns unterstützen, als auch mit unserer neuen Wagenbauhalle und vielen aktiven 40ern in den Vereinsvorständen. Und wenn wir auch in Zukunft Menschen gewinnen, die mit uns Karneval feiern, braucht uns beim Blick in die Zukunft nicht bange zu sein.