Mülheim. .
Die Meldung klingt gut: 247000 Euro wird Mülheim im nächsten Jahr vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) bekommen, um die Berufstätigkeit behinderter Menschen zu fördern. Bloß: Hier vor Ort, in der Fürsorgestelle, werden sie das Geld kaum los, weil Firmen zu wenig nachfragen. Mehr als die Hälfte der Summe geht wohl zurück.
Das Geld, welches der LVR allerorten verteilt, stammt aus der Ausgleichsabgabe: Diese Zwangspauschale entrichten Arbeitgeber, wenn sie keine oder zu wenige Schwerbehinderte beschäftigen. Richtwert sind fünf Prozent der Belegschaft, dies gilt jedoch nur für Betriebe ab 20 Beschäftigten. Wenn sie unter dem gesetzlich geforderten Minimum bleiben, zahlen sie (gestaffelt nach erreichter Quote) 115 bis 290 Euro pro Monat für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz.
Allein von säumigen Mülheimer Firmen kamen 2010 auf diesem Wege rund 900 000 Euro an Ausgleichsabgabe zusammen, erklärt eine Sprecherin des LVR. Insgesamt 265 Unternehmen im Stadtgebiet hätten die Mindestgröße, seien also meldepflichtig, doch nur 109 (41 Prozent) erfüllten die Schwerbehindertenquote. Die übrigen 156 Firmen zahlen die Ausgleichsabgabe.
Das Geld fließt in einen gemeinsamen Topf und wird an örtliche Fürsorgestellen im gesamten Rheinland nach einem festen Schlüssel verteilt. Entscheidend ist die Zahl der Schwerbehinderten im erwerbsfähigen Alter: Rund 6300 von ihnen leben in Mülheim. Diese Daten werden nur alle zwei Jahre neu erhoben, so dass die Stadt diesmal die selbe Summe wie 2010 bekommt: besagte 247 000 Euro.
Um die Verteilung des Geldes, das ausdrücklich für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben bestimmt ist, kümmert sich die städtische Fürsorgestelle beim Sozialamt. Zuständiger Mann in Mülheim ist Frank Spiller, und er macht für das laufenden Jahr folgende Rechnung auf: Nur rund 120 000 Euro wurden ausgegeben, nicht einmal die Häfte der verfügbaren Summe. Das Geld ging an 62 Mülheimer Firmen, die damit insgesamt 96 Arbeitsplätze behindertengerecht ausstatten konnten. Außerdem bekamen sechs Schwerbehinderte persönliche Leistungen aus diesem Budget.
Spiller nennt auch Beispiele dafür, was im Einzelnen finanziert wurde: technische Arbeitshilfen (etwa zum leichteren Heben), behindertengerechte Büromöbel, Klimageräte (wenn etwa ein Herzkranker keine extremen Temperaturen verträgt), aber auch Kosten für Gebärdensprachdolmetscher oder Ergotherapie. Immerhin: Im Vergleich zum Vorjahr, als nur 107 000 Euro abgerufen wurden, haben sich die Ausgaben leicht erhöht.
Aber „auffällig“ findet Spiller „die derzeitige Tendenz der Mülheimer Arbeitgeber, nur für kleinere Maßnahmen Zuschussanträge zu stellen“. Bei großen Investitionen, halte man sich zurück, er wittert „Nachwirkungen der Wirtschaftskrise“. Den behindertengerechten Umbau einer Krankabine, 38000 Euro teuer, habe es in diesem Jahr nicht gegeben. Und wenn, wie es aussieht, 120 000 Euro übrig bleiben, fließt dieses Geld an den LVR zurück. „Bedauerlich“, meint Frank Spiller.
Beratung im Betrieb
„Jeder, der sich für die Einstellung schwerbehinderter Menschen interessiert, kann mich anrufen“, betont Frank Spiller von der städtischen Fürsorgestelle. Er verspricht unbürokratische Beratung und geht häufig auch in Betriebe, um sich die Arbeitsbedingungen vor Ort anzusehen. Kontakt: Tel. 455-5062; per E-Mail: frank.spiller@muelheim-ruhr.de.