Mülheim. .

Manche Konflikte halten sich in Mülheim länger als eingemachte Marmelade: der Umwelt-Streit in Speldorf etwa. Seit 40 Jahren streiten dort Anwohner für bessere Luft, für weniger Lärm, für ein Ende der Erschütterungen. Doch selbst 60-fach erhöhte Schwermetallwerte brachten in diesem Jahr aus Sicht der Anwohner keine entscheidende Wende.

Umweltgifte. Die Verlagerung der mit Schrott aus aller Welt handelnden Unternehmen steht nicht in Aussicht, wohl aber längere Laufzeiten der Schrottscheren. Also wird weiter vor Ort verladen, zertrümmert, weitertransportiert. Auch der vor wenigen Tagen vorgelegte Ministererlass aus dem Jahr 1998, der einen deutlich größeren Abstand zwischen Gewerbe und Wohnbebauung vorsieht, wird die Bewohner nicht retten. „Es gibt Bestandsschutz, natürlich auch für Unternehmen“, so ein Sprecher der Stadt. Bliebe den Kämpfern um Ruhe und saubere Luft nur der Klageweg, wenn sie sich einer unverantwortlich hohen Gefährdung ausgesetzt sehen.

Abwasser. Über ein Jahr dauert inzwischen auch dieser Streit, ein Ende ist in Sicht: In der kommenden Woche wird das Verwaltungsgericht Düsseldorf über die Klage zahlreicher Mülheimer Bürger entscheiden, darunter auch Haus und Grund. Aus deren Sicht hätten die Abwassergebühren längst sinken müssen, deutlich sogar. Sie stiegen jedoch. Der Konflikt dreht sich um rund 5,4 Millionen Euro aus den Jahren bis 2008. Überschüsse in dieser Höhe erzielte der Abwasserbetrieb. Die Mülheimer Bürgerinitiativen vertreten die Ansicht: „Dieses Geld gehört wieder in die Taschen der Gebührenzahler.“ Die Stadt steckte es jedoch in den städtischen Haushalt und verweist auf die Bezirksregierung: Diese hatte erklärt, dass Überschüsse des Abwasserbetriebes mit den Gebühren nichts zu tun hätten. Der Millionen-Gewinn resultierte daher, dass die Zinsen für Investitionen in das Abwassersystem im Schnitt höher kalkuliert werden, als sie tatsächlich zurzeit sind. Sollten die Bürger Recht bekommen – könnte dies das Rekorddefizit von 132 Millionen Euro noch weiter erhöhen.

Der Haushalt. Die Nothaushalts-Kommune konnte sich zuletzt nur noch über einen Doppelhaushalt retten, machte und macht Schlagzeilen mit Finanzgeschäften, die in den Augen vieler Bürger nicht in Ordnung sind. Gestern Abend war noch immer nicht sicher, ob es morgen eine Mehrheit für den Haushalt 2012 gibt. In der Politik können viele nicht verstehen, warum die Schulden zuletzt so explodiert sind, der Hinweis auf deutlich geringere Steuereinnahmen in Zeiten, wo die Wirtschaft boomt, macht stutzig. Ohne Haushalt wäre noch schlimmer als Nothaushalt.

Schulschließungen. Das dazu vorliegende Bürgerbegehren zum Erhalt des Hauptschul-Standortes Eppinghofen entzweit nicht nur die Politik, sondern auch Politik und Verwaltung, und es ist auch innerhalb der Mülheimer Schulgemeinde umstritten. Braucht die Stadt für 60 bis 80 neue Hauptschüler im Jahr noch zwei Schulen? Sollte die Stadt knapp sechs Millionen Euro in einem maroden Schulbau investieren, den sie vielleicht in Zukunft nicht mehr mit Schülern bestücken kann? Und nicht leichter ist die Frage für Rat und Verwaltung: Kann sie heute guten Gewissens wegen eines Formfehlers ein Bürgerbegehren niederschlagen, das morgen durch die neue Gesetzeslage gedeckt ist. Der Rat entscheidet Donnerstag, dabei ist nicht einmal sicher, ob er in dieser juristischen Frage überhaupt das Sagen hat. Gut möglich, dass dies der nächste Mülheimer Fall vor dem Verwaltungsgericht sein wird.

Sportanlagen. Der Verkauf von Sportplätzen, auf denen Einfamilienhäuser entstehen sollen, ist politisch und in manchen Vereinen seit dem Sommer ein großes Streitthema. Ungelöst. Die Stadt will mit den Einnahmen aus dem Verkauf für 13 Millionen eine neue Sportanlage in Heißen errichten, das Grundstück dazu hat sie bereits für drei Millionen gekauft. Durfte sie das? Die Bezirksregierung erklärte gestern auf Anfrage der WAZ, dass sie den Vorgang weiterhin prüfe und weitere Erklärungen angefordert habe. Stimmt die Bezirksregierung im Nachhinein dem Kauf nicht zu, hätte die Stadt Millionen in den Sand gesetzt.