Mülheim. .

Momentan ist noch mehr Klo als Klavier: Umgeben von abgestellten Besen und Rechen, von vergilbten Wänden und veralteten Fliesen braucht es viel Vorstellungskraft, um die Bar zu erkennen. Kay Shanghai hat diese Fantasie: „Ich kann mir das hier richtig gut vorstellen.“ Er will in der ehemaligen öffentlichen Toilette am Fuße der Friedenstreppe die vielleicht kleinste Pianobar der Welt einrichten.

Hinter der mit Graffiti beschmierten Tür an der Bachstraße erstrecken sich dreieinhalb Räume. Klein sind die auf jeden Fall – und niedrig. Denn die einstige Toiletten-Anlage erstreckt sich hinter der Steinmauer in den Hang hinein, über dem erst die Singschule und dann die Petrikirche aufragt. Aktuell hat die Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) dort Pausenräume für ihre Mitarbeiter eingerichtet. Freitagmittag parkt eine Kehrmaschine davor.

Man muss an den Räumen was machen

Drinnen kommt man von einem Abstell- in einen Pausen- und dann in einen Spintraum. Im Aufenthaltsraum stehen etwa ein Tisch und vier Stühle, dazu ein Kühlschrank – und schon sind die zwei mal drei Meter voll. „Feucht“, erzählt einer der Arbeiter seien die Räume. „Da kannste im Winter wie im Sommer heizen.“ Für den Mitarbeiter der MEG sind das gute Argumente gegen eine Pianobar, doch für Kay Shanghai sind das lediglich gute Argumente gegen einen Pausenraum. Denn dass man an den Räumen was machen muss, ist für ihn klar: „Und wenn ich hier weißen Marmor verlege, kann ich auch vorher die Isolierung erneuern.“ Kay hat mit dem Klo Großes vor.

Die Männer im orangefarbenen Arbeitsanzug mögen die Idee als Scherz abtun, doch Kay Shanghai meint es durchaus ernst, sieht es als seinen „Beitrag zur Stadtverschönerung“. Bereits vor acht Jahren wollte er eine Disco in Mülheim eröffnen, landete aber schließlich doch in Essen. Sein Hotel Shanghai in der Nachbarstadt läuft seitdem bestens, hat sich national und auch über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht.

Der Platz an der Bachstraße ist optimal

Nun will der Mülheimer ganz lokalpatriotisch auch in seiner Heimatstadt was Besonderes aufziehen, und der Platz an der Bachstraße ist für ihn optimal. „Die Stelle ist zu attraktiv, um sie weiter so verwaisen zu lassen“, findet der 29-Jährige. Die Pianobar drinnen sieht er bereits vor sich, ebenso einige Tische draußen vor der Tür. Jungen Menschen will er etwas bieten, sie zurück in die City holen.

„Es geht nicht darum, dass Jugendliche hier alles in Beschlag nehmen“, betont er und beweist damit, dass er scheinbar Mülheimer Befindlichkeiten gut einschätzen kann. Doch „Kultur, auch Jugendkultur entsteht nur durch den Versuch, durch ein Wagnis“. Und er ist bereit, es einzugehen. „Ich würde mein ganzes Herz und auch Geld da reinstecken“, sagt er und will der Stadt damit sein ernst gemeintes Interesse signalisieren.

Stadt gesprächsbereit

Die Stadt als Eigentümerin der Räume, die aktuell an die MEG vermietet sind, signalisiert Gesprächsbereitschaft zurück. „Grundsätzlich muss man alle Ideen, die Mülheim nach vorne bringen, erst einmal positiv bewerten“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels und fügt hinzu: „Wir sind keine Berufsskeptiker.“

Alles sei denkbar, müsse aber genau geprüft werden – im konkreten Fall beispielsweise darauf, welche Verträge mit der MEG geschlossen wurden. Wiebels: „Wenn man ernsthaft an uns herantritt, werden wir uns auch ernsthaft damit befassen.“