Gelsenkirchen. Zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus verlegt der Künstler Gunter Demnig am 1. und 20. August 22 neue Stolpersteine in Gelsenkirchen.
Ein Stutzen. Was ist das auf dem Bürgersteig? Automatisch richtet sich der Blick nach unten zu den pflastersteingroßen Gedenktafeln. Sie sollen an Opfer des Nationalsozialismus erinnern, an Menschen jüdischer Herkunft, die in den Jahren des Dritten Reiches verfolgt, entrechtet, gedemütigt, in die Flucht getrieben und schlussendlich ermordet wurden.
Im Rahmen des Kunstprojekts „Stolpersteine“ des Kölner Bildhauers Gunter Demnig werden solche Stolpersteine vor den Häusern ins Pflaster der Gehwege eingelassen, in denen die Menschen einst gelebt haben. Die Steine sind mit einer Messingschicht überzogen, in die Name, Jahrgang, Verfolgungsschicksal und Todestag des Verstorbenen eingraviert wird.
Paten finanzieren "Stolpersteine"
„Über die Steine stolpert man aber natürlich nicht wirklich. Vielmehr sollen sie zum nachdenken anregen“, erklärt Andreas Jordan, der sich mit seiner Frau Heike Jordan und der Projektgruppe „Stolpersteine Gelsenkirchen“ seit 2005 ehrenamtlich für die Umsetzung und Realisierung des Stolperstein-Projekts in Gelsenkirchen einsetzt.
Finanziert werden die Stolpersteine über Patenschaften. „Jeder Stein braucht einen Paten. Um das Projekt fortzuführen ist also die Mithilfe vieler Menschen nötig“, sagt Andreas Jordan. Eine Patenschaft kostet 95 Euro und kann von jedem übernommen werden.
2009 wurden die ersten 19 Stolpersteine in Gelsenkirchen verlegt, 22 sollen jetzt dazukommen. Den Großteil - nämlich 18 Steine - wird der Künstler Gunter Demnig am Montag, 1. August, selbst verlegen. Am Samstag, 20. August, verlegt die Projektgruppe vier weitere Stolpersteine. „Der Schwerpunkt der Verlegung findet an der Bismarckstraße statt. Allein hier werden acht Steine in den Gehweg eingelassen“, sagt Andreas Jordan. Hierzu werden Oberbürgermeister Frank Baranowski und die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Judith Neuwald-Tasbach, erwartet.
Projektgruppe recherchiert Verfolgungsschicksale
Unter anderem werden zwei Steine zu Ehren von Moritz und Toni Meyer verlegt. Das Paar zog im Jahr 1900 nach Gelsenkirchen und lebte hier an der Bismarckstraße 158. 1939 flohen sie in die Niederlande. Im Sommer 1942 begann aber auch dort die Deportation der Juden. Am 2. Februar 1943 wurden Moritz und Toni Meyer in das KZ Auschwitz deportiert und dort am 5. Februar 1943 in der Gaskammer ermordet.
Recherchiert werden diese Verfolgungsschicksale von der Projektgruppe. Ebenfalls an der Bismarckstraße lebte die Familie Hirschhorn, der insgesamt fünf Steine gewidmet werden. Schüler der Evangelischen Gesamtschule übernahmen eine Patenschaft für Käthe Hirschhorn, eine Tochter der Familie. Sie wurde zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester von der Sicherheitspolizei am 4. August 1944 in das KZ Stutthof bei Danzig eingeliefert. Dort verlieren sich die Spuren. „Für die Schüler ist es eine besondere Aufgabe, sich mit dem tragischen Schicksal des jungen Mädchens Käthe auseinanderzusetzen, die bei ihrer Deportation doch im selben Alter war“, so Andreas Jordan.