Mülheim.

Hausaufgaben abschreiben kann man in der U-Bahn besser. „Der Bus ruckelt total doll“, vergleicht eine Schülerin, die aus naheliegenden Gründen ihren Namen nicht nennen möchte, mit dem Heft auf den Knien die beiden Transportmittel. Doch dies blieb Dienstagmorgen das einzig gravierende Problem: Der aufgrund von Bergbauschäden an der Haltestelle „Mühlenfeld“ nötig gewordene Schienenersatzverkehr auf der Strecke der U18 zwischen Hauptbahnhof und Heißen lief auch zu Stoßzeiten rund.

Dienstagmorgen, die Uhr in der alten Bürgermeisterei in Heißen Mitte zeigt 7.21 Uhr, und der Bus wartet schon. Der Fahrer steht neben der provisorischen Haltestelle auf dem Marktplatz und gönnt sich noch eine Zigarettenpause. Seine zwei Kollege weisen indes Fahrgästen den Weg von der Käseglocke, wo sonst die Busse halten, einmal quer über die Straße. Die ersten Fahrgäste haben schon Platz genommen, die meisten sind Jugendliche auf dem Weg zur Schule, und es kommen stetig mehr. Die Sitzplätze füllen sich schnell, bald bleiben nur Stehplätze auf dem Gang, und es kommt die obligatorische Durchsage des Fahrers: „Bitte durchgehen!“ Es ist 7.25 Uhr, auf die Minute pünktlich fährt der U-18-Ersatz los. Und kaum hat er gewendet, fährt auch schon der nächste Bus in die Haltestelle ein.

Sechs Gelenkbusse sind in den Stoßzeiten – morgens zwischen 7 und halb 9 sowie mittags ab 12.30 Uhr – unterwegs. Zu den übrigen Zeiten pendeln lediglich vier Busse im Zehn-Minuten-Takt. Sie hat die Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) von Fremdunternehmen angemietet.

Bus fährt länger

Eine Schleife fahren die Busse, denn auch sie müssen die gesperrte Hingbergstraße umfahren und eben jene Baustelle an der Haltestelle „Mühlenfeld“, die den Ersatzverkehr erst nötig machte. An den Stopps „Mühlenfeld“ und „Christianstraße“ steigen noch mehr Schüler zu. „Bitte aufrücken!“, fordert der Fahrer wieder und wieder. Auf dem Gang wird es enger, doch Platzangst muss niemand haben, jeder findet (Steh-)Platz. An der Haltestelle „Gracht“, die an der Sigismundstraße gelegen ist, steigen die ersten Fahrgäste schon wieder aus.

Florim Umerovski und Julian Prgjanac gehören zu ihnen. Die beiden 14-Jährigen müssen zur Hauptschule Bruchstraße, und ob sie mit Bus oder Bahn fahren, ist ihnen ziemlich egal. „Der Bus braucht zwar länger, aber wir müssen trotzdem nicht früher aufstehen“, sagt Julian. Und Florim ergänzt: „Heute ist es voller als gestern morgen, aber es geht.“

Keine Probleme

Findet auch Noel Heckenraht. Der Elfjährige besucht die Realschule Stadtmitte und muss nun ein paar Schritte mehr laufen: Sonst steigt er am Halt „Von-Bock-Straße“ aus, nun fährt er bis „Oststraße“. „Ich muss nur die Straße hoch, das ist trotzdem noch okay.“

Auch bei der Mülheimer Verkehrsgesellschaft ist man nach den ersten beiden Tagen erleichtert. „Wir sind selbst froh, dass es so gut funktioniert“, sagt Mitarbeiterin Sylvia Neumann. Dass es in den Bussen etwas enger wird, liegt in der Natur der Sache: Ein Gelenkbus bietet 53 Sitz- und 108 Stehplätze, ein U-Bahn-Wagen 70 Sitz- sowie 100 Stehplätze – und davon fahren üblicherweise zwei aneinandergekoppelt.

Bisher beziffert die Mülheimer Verkehrsgesellschaft die Kosten, die durch die Bergbauschäden am Mühlenfeld entstanden sind, auf insgesamt 160.000 Euro. Welche Summe davon im einzelnen auf den Ersatzverkehr entfällt, kann Sylvia Neumann noch nicht sagen. Denn noch bleibt das Hausaufgaben-Abschreiben eine Herausforderung: Busse ersetzen die U-Bahn nach aktuellen Erkenntnissen noch mindestens drei Wochen.