Mülheim. .

Die arabische Welt hat die Faust geballt und rebelliert gegen ihre Machthaber. Die Demokratiebewegung schreitet zwar stetig voran, gerät aber oftmals noch heftig ins Stolpern. Schon in den 1990er Jahren hat das Theater an der Ruhr im Rahmen seiner internationalen Arbeit ein Augenmerk auf die Region gelegt. „Die Auflehnung gegen das Regime war damals schon zu spüren“, sagt Theaterleiter Roberto Ciulli. Im Nachhinein hätte sich dieser Austausch als wichtig und richtig erwiesen.

Mit etwa 20 Ländern ist der arabische Raum riesig. Länder, in denen oftmals Zensur herrscht und es keine Pressefreiheit gibt. Über Worte und Nachrichten hinaus bedient sich das Theater einer universellen Sprache, die Lage der Nation auszudrücken. „Es wird deutlich spürbar, was sich in diesen Ländern ereignet – trotz aller Unterschiedlichkeit“, sagt Dramaturg Helmut Schäfer. Aus den Medien erfahre man ja nicht viel. Und deshalb wurden schon früh die „Theaterlandschaften“ ins Leben gerufen.

Fokus auf der freien Szene

Überall, wo es politisch köchelte oder schon längst brannte, war das Theater an der Ruhr schon unterwegs und hat Ensembles an den Raffelberg eingeladen. Fernab von reglementierten Staats- und Stadttheatern aus fernen Ländern wird dabei der Fokus auf die freie Szene gelegt, weil diese Gruppen Stimmungen ungefiltert transportieren. Ab dem morgigen Freitag wird die „Theaterlandschaft“ Arabien eröffnet.

Eingeladen sind drei aktuelle Produktionen aus Jordanien, Palästina und Syrien/Irak. Allesamt moderne Stücke, die viel über die Situation der Menschen und ihren Kampf um Freiheit erzählen. Wie das Stück „Confinement“ (30. Oktober, 19.30 Uhr) aus Bethlehem, „das sich poetisch mit der Situation der Palästinenser im Gaza-Streifen auseinander setzt“, erläutert Kurator Rolf Hemke. Drei Menschen sind in einer Flasche gefangen und die engen Grenzen, in denen sie leben, setzen sich in den Köpfen fort. Ein ironisches Stück ist „Bridge Back Home“ (28. Oktober, 19.30 Uhr), das ein Bild zeigt, was sich ergibt, wenn westliche und arabische Ansichten über die Geschichte Palästinas zusammentreffen.

Sprachrohr im Westen

Hemke war im Frühjahr beim internationalen Theaterfestival in Amman und hat sich die Aufführungen in Werkstattinszenierungen angesehen. „Das Festival wurde nur in reduzierter Form gezeigt, weil es Unruhen in Jordanien gab“, so Hemke. Während das jordanische Königshaus Reformbemühungen signalisiert, herrscht eine blutige Revolte in Syrien, der Palästinenser-Konflikt im Westjordanland währt an und im Irak schwelen die Unruhen. In Syrien rufen die Menschen die Staatengemeinschaft um Hilfe an.

Selbst wenn Theater da nicht viel ausrichten kann, finden die Künstler im Westen ein Sprachrohr für ihr Anliegen, können wir aus erster Hand erfahren, wie es um die Demokratiebewegung und Repressalien der Staatsmächte gegen ihre Bürger bestellt ist. Dass die arabische Region von enormen Interesse ist, zeigt sich auch daran, dass sich Theatermacher von den Wiener Festwochen für alle drei Tage angemeldet haben.

Eine irakische Theatergruppe aus Köln kommt, um sich das irakische Stück anzusehen. „Camp“ (29. Oktober, 19.30 Uhr) zeigt lakonisch den kleinen Überlebenskampf von Menschen in einem Kriegsland. „Es ist schon einmalig, diese Aufführungen hier zu sehen“, sagt Roberto Ciulli. Denn es sei nicht einfach, die Theatergruppen zu bekommen. Möglich gemacht haben das die guten Kontakte und die kontinuierliche internationale Arbeit des Theaters an der Ruhr. Rund 30 Künstler aus der arabischen Welt sind eingeladen. Das ganze Festival kostet 80 000 Euro, die vom Land kommen.