Mülheim. .

Geboren wurde Hakan Mengil 1966 in Büyükada, auf der größten der Prinzen-Inseln im Marmarameer vor Istanbul. Mit acht Jahren kam er zu seiner Mutter nach Deutschland, die 1968 als „Gastarbeiterin“ angeworben, zunächst in einer Fabrik arbeitete. Aufgewachsen und studiert hat Mengil hier. Er ist deutscher Staatsbürger. Und wenn man ihn fragt, woher er kommt, sagt der Kampfkunstlehrer und Kneipier: „Ich komme aus Duisburg-Neudorf.“ Einer, der um seine türkischen Wurzeln weiß, aber ein gelungenes Beispiel für Integration ist. Er denke nicht nur auf die deutsche Art, sagt Mengil: „Ich denke sogar in deutscher Sprache.“

Seit einem Jahr betreibt er neben dem „Ostende“ in Duisburg die Kulturbar „Sol“ neben dem Theater. Von ihm kam auch der Anstoß, das Fest zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Anwerbevertrages mit der Türkei am kommenden Montag, 31. Oktober, 18 Uhr, im „Sol“ auszurichten. Eine Anregung, die Klaus Wichmann, Initiator des VHS-Arbeitskreises Migration & Geschichte, dankend angenommen hat. Mit Liedern, Geschichten und Gesprächen soll an die Menschen erinnert werden, die vor einem halben Jahrhundert aus der Türkei nach Mülheim gekommen sind und die Stadtgesellschaft mitgeprägt haben.

"Ich denke sogar in deutscher Sprache"

Heute leben in Mülheim etwa 6500 Menschen mit türkischem Kulturhintergrund. Für Klaus Wichmann ist die Integration geglückt: „Wir sollten nicht klagen, sondern sagen, dass es bislang gut gelaufen ist.“ Mülheim habe da ein bisschen eine Ausnahmestellung, „die uns aktiver erscheinen lässt“. Früh hatte Mülheim einen Integrationsrat und einen runden Tisch gegen Ausländerfeindlichkeit. Von der Verwaltungsspitze an habe sich die Stadt bemüht, Integration zu unterstützen.

Im Vergleich mit anderen Städten sei die Lage in Mülheim deutlich entspannter, was die Straftaten gegen Ausländer betrifft, so Mengil, was an den sozialen Milieus liege. Und wenn Integration schief laufe, sich Ghettos bilden würden, „dann ist das vielfach hausgemacht“, sagt Mengil. Durch hohe Mieten beispielsweise würden Migranten in Randlagen abgedrängt. „Auf der einen Seite gibt man uns keine Möglichkeit zur Integration, andererseits wird gesagt, ihr integriert euch nicht.“

Ruhrgebiet ist Einwanderungsland

Auf die Stärken des Ruhrgebietes als Einwanderungsland weist Wichmann hin. „Das Ruhrgebiet ist der klassische Ort in ganz Deutschland, vielleicht sogar in Europa, für gelungene Integration.“ Wichtig ist für ihn festzuhalten: „Es gibt nicht den klassischen Migranten. Da muss man sich die sozialen Milieus besser anschauen.“ Es hänge an einer Vielzahl von Situationen, ob Integration gelinge oder auch nicht. Und man müsse wegkommen von dem defizitären Denken, „immer nur die Mängel und das Schlechte zu sehen, sondern durch eine positive Betrachtung die guten Potenziale zu sehen.“ Wenn wir das alles machen würden, „dann kommen wir zu einem europäischen Denken“, so Wichmann. Umso mehr bedauert er es, dass in Deutschland, einem Land mit freiheitlicher Grundordnung, reaktionären, fundamentalistischen Strömungen freien Lauf gelassen werde. Gemeint sind Hassprediger wie in Köln und Mönchengladbach.

Im Arbeitskreis „Migration und Geschichte“ haben schon viele Menschen aller Nationen aktiv mitgearbeitet. Weitere Unterstützer sind gefragt. Neu ist der Förderkreis „Migration und Integration“, ein Verein, der der Lokalen Agenda 21 angeschlossen ist, und Spendenquittungen ausstellt.