Eine Ausstellung in der VHS will bis zum 26. Januar „Das Gesicht der Migration in Mülheim an der Ruhr zeigen”. Menschen und ihre Geschichte(n) sollen bald auch in Schulen und Jugendheimen zu sehen sein.
Sie kamen, weil sie Arbeit suchten, weil sie der Armut entfliehen wollten. Sie kamen, weil sie sich Schutz vor Verfolgung erhofften, weil sie die vage Chance auf ein besseres Leben nutzen wollten. Sie kamen der Liebe wegen. Sie kamen freiwillig. Und sie kamen unter Druck, entrechtet und verschleppt. Allein in nationalsozialistischer Zeit wurden 24 000 Zwangsarbeiter nach Mülheim verfrachtet. Manche blieben, weil sie nicht in ihre Heimat zurück konnten.
So verschieden wie die Menschen sind ihre Beweggründe, ihre Heimat zu verlassen und als Minderheit in einer Mehrheitsgesellschaft zu leben. „Das Gesicht der Migration in Mülheim an der Ruhr zeigen” will jetzt eine Ausstellung, die am Mittwoch, 18 Uhr, in der Volkshochschule eröffnet wird und danach durch Schulen, Stadtteilbüchereien und Jugendheime wandern soll. „Die Ausstellung macht nur Sinn, wenn sie an den richtigen Orten zu sehen ist”, sagt Klaus Wichmann. Orte, an denen viele Jugendliche sind, zählt er unbedingt dazu. Auch, weil er einen hohen Anspruch mit der Ausstellung verbindet. Sie soll der Aufklärung und dem besseren Verständnis dienen. „Das ist mein Thema”, sagt Wichmann, der sich künstlerisch und als Mitgründer der MIT, der Mülheimer Initiative für Toleranz, mit dem Thema Migartion beschäftigt. „Dabei bin ich durchaus egoistisch”, sagt Wichmann, „ich möchte eine Stadt, in der es auch in Zukunft Spaß macht zu leben.”
Gerade mal 15 Kilo wiegen die zehn Tafeln mit Texten, kurzen Migrations-Geschichten, Fotos und Dokumenten. Optimal also, um sie von Ort zu Ort zu schaffen und typische und anrührende, bewegende und bewegte Lebensgeschichte(n) zu verbreiten – von den Lodatos, die mit einem großen Familienclan aus Italien kamen, von der früheren SPD-Bürgermeisterin Lisa Poungias und ihrem griechischen Mann Vassilos, von den Firats, die dem Onkel aus der Türkei folgten, von Küchenkursen für Gastarbeiter, von Karrieren in der Fremde. Aufschlussreich wie die kurzen Textpassagen aus Wichmanns Interviews sind Fotos und Arbeitszeugnisse. Vereint wurde das alles unter eindringlichen Menschen-Bildern von Noemi Schmidt und Sabrina Richmann, die bereits in der CBE-Ausstellung zu sehen waren.
In den kurzen Tafel-Kapiteln geht es um Themen wie Arbeitsmigration und die Hintergründe der Auswanderung im 19. Jahrhundert, um Menschenwürde, Flucht und Vertreibung,. um die Veränderungen in der Gesellschaft. Bunter ist das Miteinander geworden. „Was unsere Kultur bereichert” – so einer der Tafel-Titel – ist auf einem facettenreichen Bilderbogen zu sehen.
Die Ausstellung in der Heinrich-Thöne Volkshochschule zu starten, ist naheliegend. Die VHS ist ein multikultureller Ort. „Wir verstehen uns als internationale und interkulturelle Einrichtung. Man trifft in Mülheim sicherlich nirgendwo sonst so viele Migranten. Das ist einfach so durch die Bildungsarbeit”, sagt Helga Richter-Lönnecke.
In der VHS ist die stellvertretende Direktorin auch zuständig für Interkulturelles. Und sie gehört zum Arbeitskreis Migration & Geschichte, der einmal im Monat im Haus tagt. Die Arbeit geht weiter. „Das ist eine offene Plattform. Solang es Interessierte gibt, die das machen wollen”, sagt Wichmann. Und: „Die Aufarbeitung steht noch am Anfang. Die Geschichte der Migration ist immer noch sehr stark mit Belastung, Zwang und Gegenrechnen verbunden.”
Internet-Projekt
Zum Stadtjubiläum bewilligte das Projektbüro 2008 Geld für die Ausstellung, bis 2010 gibt es zudem Stiftungsmittel für ein Internet-Projekt zum Thema Migration. Rund 25 Migranten-Geschichten finden sich aktuell unter www.migration-geschichte.de. Zur Wanderausstellung soll es ein Begleitheft geben. Kosten entstehen den Nutzern nicht. Kontakt: 455 43 14.