Bottrop. .
Am 30. Oktober 1961 wurde das deutsch-türkische Anwerbeabkommen geschlossen. Fast auf den Tag genau 50 Jahre sind seitdem vergangen - Jahre, die sowohl einzelne Lebensgeschichten als auch das gesamte Gesellschaftsbild nachhaltig geprägt haben.
Vielfach wurden Fremde zu Freunden - mit diesen Gedanken beging gestern die Türkische Elterninitiative Bottrop in Kooperation mit der Stadt einen Festakt im Ratssaal: „Merhaba Deutschland - 50 Jahre Türkische Migration“.
Zu einem „Nachmittag des Zurückblickens und Vorausschauens“ begrüßte der Moderator des Nachmittags, der Bottroper Rechtsanwalt Irfan Durdu, auch zahlreiche Ehrengäste aus der Politik. Ilyas Usluer, Sprecher der Türkischen Elterninitiative, wünschte sich bei dieser Gelegenheit, „den Dialog zu erweitern und Freundschaften zu pflegen“. Abgerundet wurde der Festakt von türkischen Volksliedern und den Klängen der türkischen Lauten-ähnlichen Baglama, vorgetragen von der Gruppe SeLCeM.
Integration war damals ein Fremdwort
Oberbürgermeister Bernd Tischler zeichnete den Weg der türkischen Gastarbeiter nach, die einst als Arbeitskräfte auf Zeit ihre Heimat und Familien zurückließen. „Integration war damals ein Fremdwort“, bemerkte Tischler. Doch als sich abzeichnete, dass viele Gastarbeiter für immer bleiben würden, wurde auch deutlich: “Man kann Menschen und ihre Arbeit nicht trennen. Jeder bringt seine Geschichte, seine Träume und Werte mit“, erklärte der Oberbürgermeister, „ich habe große Hochachtung vor diesen Menschen, die den Schritt in ein fremdes Land mit einer ihnen unbekannten Sprache wagten.“
Zülfiye Kaykin, Staatssekretärin für Integration beim Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW, brachte im Namen der Landesregierung ebenfalls ihre Anerkennung und Hochachtung für die Gastarbeiter der ersten Generation zum Ausdruck. „Jetzt müssen wir noch besser darin werden, Potenziale, Ressourcen und Talente zu erkennen und zu nutzen.“ Kaykin bezeichnete die Integration als „gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe“, die gesetzliche Rahmenbedingungen brauche - letztlich vor allem, um Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen.
Einen sehr persönlichen Blick auf Migration und Integration lieferte die kleine Yasemin mit ihrem Gedicht „Ich bin ein Baum mit zwei Stämmen“. Mit Worten wie „Ich habe eine Wurzel, ein Herz aber zwei Seelen“ verlieh sie ihren Gefühlen bewegenden Ausdruck.
Das Interview mit Yasar Yardim, der vor mehr als 48 Jahren als 16-jähriger Gymnasiast aus seiner Heimatstadt Zonguldak am Schwarzen Meer als Gastarbeiter nach Deutschland kam, gestaltete sich als mitreißendes Zeugnis eines bewegten Lebens: „Auf dem Weg nach Deutschland waren wir jungen Leute unter uns und die Stimmung war gut. Doch bei der Ankunft ließen uns die Fremde und die unbekannte Sprache erst einmal verstummen.“