Mülheim. .

Der Konflikt geht in die nächste Runde, denn nun schaltet sich auch der Betriebsrat ein. Und zeigt sich „entsetzt“ über den Vorwurf des Lohndumpings. Es geht um 19 rumänische Pflegekräfte, die in Mülheimer Senioreneinrichtungen offiziell als Praktikanten eingesetzt werden. Die Gewerkschaft Verdi hatte der Mülheimer Sozialholding vorgeworfen, Pflegefachkräfte zu weit untertariflicher Bezahlung zu beschäftigen.

Diesen Vorwurf möchte Heinz Rinas nicht gelten lassen. Arbeitsrechtlich gesehen, habe man keinen Fehler gemacht, alles liege im Rahmen der geltenden Gesetze. Unterstützt wird der Geschäftsführer der Sozialholding vom Betriebsrat. Dessen Vorsitzende Vera Anders wehrt sich ebenfalls gegen die Vorwürfe: „Alle neun Betriebsräte sowie 180 von insgesamt 380 Mitarbeitern sind jahrelange Verdi-Mitglieder“, erklärt sie.

Sie selbst sei seit über 20 Jahren bei Verdi aktiv. „Wir waren entsetzt über die Vorwürfe. Vor allem, weil niemand der Gewerkschaft vorher mit uns gesprochen hat.“ Und meint: „Wir würden doch nie zulassen, jemanden untertariflich einzustellen“, sagt Vera Anders. In einem Schreiben versucht sie, die Kollegschaft zu beruhigen: „Allen Gerüchten zum Trotz, niemand wird entlassen oder muss um seinen Arbeitsplatz fürchten.“ Das Gegenteil sei der Fall: „Wir erhalten Unterstützung bei unserer täglichen Arbeit.“

Gewerkschaft: Rumänen würden als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt

Die Gewerkschaft kritisiert den Einsatz der Rumänen als vollwertige Arbeitskräfte. „Die Kollegen sind ausgebildete Krankenpfleger- und schwestern“, sagt Sylvia Bühler, Leiterin des zuständigen Landesfachbereiches bei Verdi. Das Praktikum sei nur ein „Deckmantel“ für die untertarifliche Bezahlung. Sie seien Pflegehilfskräfte und damit an den Tariflohn von 10,39 Euro gebunden.

Diese Konditionen seien von Verdi falsch berechnet, entgegnet Heinz Rinas. Die Gewerkschaft war auf 3,62 Euro Stundenlohn gekommen, den die Praktikanten für ihren Halbtages-Einsatz bekommen. Rinas rechnet dagegen:„Am Ende kommt nach unserer Rechnung ein Bruttogehalt von 750 Euro und ein Stundenlohn von 8,87 Euro heraus.“

Heinz Rinas bemüht sich um Klärung und interpretiert die Anschuldigungen der Gewerkschaft als „Missverständnis“. Die Rumänen hätten zwar eine Ausbildung in ihrer Heimat absolviert, können aber nicht als solche in Deutschland eingestellt werden. „Der direkten Einstellung als Pflegekraft oder Pflegehilfskraft stehen einige Zugangshürden entgegen.“

EU-Bürger dürfen erst nur als Pflegehilfskraft beschäftigt werden

So dürften EU-Bürger aus Rumänien erst als Pflegehilfskraft beschäftigt werden, wenn sie die Weiterbildung mit Deutschunterricht und anschließender Fachprüfung absolviert haben. Darauf werden sie im Praktikum vorbereitet: Nach erfolgreichem Abschluss sind sie anerkannte Pflegekräfte nach deutschem Recht und haben den Status als examinierte Fachkraft erlangt. Und: „Erst dann können die Kollegen direkt eingestellt werden“, erklärt Rinas. Er selbst und auch der Betriebsrat hofften darauf, nach dem Praktikum einigen der Rumänen eine feste Stelle bieten zu können. Zudem blieben den Einrichtungen kaum noch andere Möglichkeiten, Personal zu rekrutieren. „Der Markt ist tot.“ Schließlich liege das Durchschnittsalter der Mitarbeiter bei 55 Jahren, es herrsche ein hoher Krankenstand von zehn Prozent, die Arbeitsbelastung in den Heimen steige stetig. „Wir bekommen im Monat eine Bewerbung eingereicht– das reicht nicht aus, um den Bedarf in Zukunft zu decken.“