Mülheim. .
Die sieben Kreativen haben ihre Kunst salonfähig gemacht. Mit einem Augenzwinkern, versteht sich. Nach den Wasch- und Gyros-Salons hat sich die Gruppe „AnDer“ an etwas Brenzliges herangewagt, das brennend heiß diskutiert wird: Das Paffen.
Der „Rauchsalon“ wird am Samstag, 27. August, 11 Uhr, bei Tabak Budde am Löhberg 6 eröffnet. Diesmal unter der Federführung von Jochen Leyendecker. Der hat sich das Ladenlokal ausgesucht, „weil ich hin und wieder gern Zigarre rauche, öfter hier sitze und mit Marc Budde befreundet bin“. Zu den drei überzeugenden Gründen gesellte sich das schlagkräftigste Argument überhaupt hinzu: Die Liebe.
Denn rund um Dostojewskis Novelle „Helle Nächte“ in St. Petersburg, ein Lieblingsbuch von Jochen Leyendecker, entstanden Werke mit viel Gefühl. Vornweg hat Leyendecker die Geschichte von Glückseligkeit und unerfüllter Liebe ins geschlossene Buch gepackt: Davor die Tore von St. Petersburg aus Reststoffen, einer Mischpalette und farbige Plexiglasscherben, die das bunte Leben dahinter erahnen lassen. Mit diesen sechs collagenartigen Misch-Objekten zeigt sich der Bildhauer von einer neuen Seite.
Leben und Tod
Es bleibt zu hoffen, dass die bodenständig mit einem Stein beschwerte, dann hoch aufragende, zarte und schwebende Konstruktion mit Federn von Christine Lehmann den Widrigkeiten eines Tabakladens trotzt: In Anlehnung an den bedeutenden russischen Schriftsteller Dostojewski mit seinem tiefgründigen Blick auf die Menschheit hat sie sich in ihrer Installation mit dem Leben und dem Tod auseinandergesetzt – die Begriffe kalligraphisch in Szene gesetzt.
Dagegen ist für Ursula Vehar alles „Schall und Rauch“. Beim Titel hält es die Malerin mit Goethes Faust: Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch. In ein altes Fotoalbum aus Großmutters Zeiten hat sie vergangene Stars und Sternchen aus Film, Gesellschaft und Politik gebannt, sie alle rauchend illustriert. Pastellfarbene Übermalungen stehen für Verwitterung, verleihen den Figuren Patina, machen sie teils unsichtbar.
Romantische Installation im Tabakladen
Kunst, die viel mit Vergänglichkeit zu tun hat. Am Ende ist eben alles Schall und Rauch. Wie so manche Liebe, die nicht sein darf wie in Dostojewskis „Helle Nächte“. Ungeschriebene Liebesbriefe hat Uwe Dieter Bleil – wie damals üblich auf Birkenrinde verfasst – und in ein Buch gestopft, das er aus Lindenholz geschnitzt hat. Eine durchaus romantische Installation, die aber ironisch durchbrochen wird: Mit Spinnweben – in Anspielung auf den Helden im Buch. Ein Kunstwerk, das sogar auf Knopfdruck spricht: Spinnweben.
Bücher, Ungesagtes und Zartes ziehen sich symbolisch wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Eine kleine Schreibwerkstatt hat Dore O. in die durchsichtige Plexiglas-Röhre gepackt. Was braucht ein Dichter? Licht, Schreibfeder und den Film im Kopf. Nicht zu vergessen, eine Weiße Nacht. So gehen Kerzen, Federn und Filmstreifen eine Verbindung ein. Nur das Feuerzeug fehlt. Aber man ist ja mitten im Tabakladen.