Mülheim. . Weil die Stadt trotz Zusage nicht genügend Grabstelen baut, müssen Mülheimer teils Monate auf die Beisetzung ihrer Angehörigen warten. Erst im Oktober soll sich das ändern. Betroffene schweben zwischen Trauer und Wut.

Jürgen Silz ist leidgeprüft. Am 16. Juni starb seine Frau nach langer und schwerer Krankheit, in der er ihr beistand. 46 Jahre waren sie ein Ehepaar. Die Trauer des 67-jährigen Dümpteners wird noch dadurch verschärft, dass er seiner verstorbenen Frau bisher ihren letzten Wunsch nicht erfüllen konnte. Sie wollte eingeäschert und mit ihrer Urne in einer Grabstele auf dem neuen Dümptener Friedhof beigesetzt werden.


Eine Frage des Geldes?

Doch statt auf dem Friedhof besucht Silz die Urne seiner Frau zwei Monate nach ihrem Tod immer noch in dem Dümptener Beerdigungsinstitut, weil die Grabstelen, in denen auch seine Frau ihre letzte Ruhe finden soll, nach Auskunft des städtischen Grünflächenmanagements, das auch für die Friedhöfe zuständig ist, erst Ende September oder Anfang Oktober fertiggestellt sein sollen.

Als Silz die Beisetzung seiner Frau in Auftrag gegeben hatte, stellte ihm das Beerdigungsinstitut bereits eine Wartezeit von vier bis sechs Wochen in Aussicht. Aber jetzt sind schon gut acht Wochen vergangen. Und wenn er seine Frau wirklich erst Anfang Oktober beisetzen könnte, wären bereits 16 Wochen seit dem Tod seiner Frau ins Land gegangen.

Kein Platz zum Trauern

Silz empfindet seinen Schwebezustand als „pietätlos.“ Am meisten schmerzt ihn, „dass man keinen richtigen Platz hat, an dem man trauern kann.“ Silz ist mit seinem Problem nicht allein. Allein im Beerdigungsinstitut seines Vertrauens weiß er von acht Urnen, die dort, wie die seiner Frau, auf ihre letzte Ruhe warten. Und tatsächlich ist das Problem nicht neu. Denn bereits im Mai berichtete die NRZ über den gleichgelagerten Fall einer Frau, die ihren verstorbenen Mann in einer Grabstele auf dem neuen Dümptener Friedhof am Schildberg beisetzen wollte. Damals war beim Grünflächen- und Friedhofsamt davon die Rede, dass Ende Juni oder Anfang Juli neue Grabstelen installiert würden. Jetzt ist August. Und die NRZ fragt noch einmal bei der Leiterin des städtischen Grünflächen- und Friedhofsmanagements, Sylvia Waage nach.

Sie begründet die Verzögerung unter anderem mit dem Hinweis auf die vorläufige Haushaltsführung der Stadt. Deshalb seien die vom Rat bereits im Oktober 2010 beschlossenen Mittel erst Ende März von der Bezirksregierung freigegeben worden. Erst danach habe man Aufträge ausschreiben können. Zwischenzeitlich hätten sich auch noch einmal die Preise der Unternehmen verändert. Außerdem habe man die Baupläne verändert, um dem immer wieder vorgebrachten Wunsch nach mehr Ablageflächen vor den Grabstelen Rechnung zu tragen. Das habe wiederum eine nochmalige Prüfung und die Aufstellung eines neuen Leistungsverzeichnisses erfordert. Als weitere sommerbedingte Verzögerungsfaktoren nennt Waage Betriebsferien und damit verbundene längere Arbeitspausen und Lieferzeiten.

Neue Versprechen

Das Friedhofsamt hat, laut Waage, alle Beerdigungsinstitute über die verlängerten Wartezeiten bei Beisetzungen in Grabstelen informiert. „Wir bieten insgesamt 20 verschiedene Beisetzungsarten an. Und wir wollen natürlich keine Versteinerung unserer Friedhöfe, sondern wieder stärker in die Fläche gehen“, betont Waage. Sie weist darauf hin, dass es bei Urnenreihengräbern, bei denen man auch nur einmal zahlen muss und dann von Folgekosten für die Grabpflege befreit ist, derzeit keine Wartezeiten gebe.

Der auf die Beisetzung seiner Frau wartende Silz fragt sich derweil: „Warum baut die Stadt nicht einfach mehr Stelen, wenn diese so beliebt sind. Sie braucht es doch nicht umsonst zu tun?“

Die Stadt, die zurzeit knapp 300 000 Euro für die Gestaltung und Pflege ihrer Friedhöfe ausgibt, will es tun. Waage stellt für September und Oktober den Bau von jeweils zwölf neuen Grabstelen auf dem Friedhof Broich und dem neuen Friedhof am Dümptener Schildberg in Aussicht. Darüber hinaus sollen ab Ende Oktober in einem dritten Bauabschnitt auf dem Schildberg-Friedhof weitere zwölf Grabstelen errichtet werden. Diese Grabstelen bestehen aus jeweils zwölf Grabkammern, die Platz für bis zu vier Urnen bieten und deren Erwerb 2160 Euro kostet.