Mülheim. .

Am kommenden Wochenende laden die Bienenzüchterinnen und -züchter alle Interessierten, gerne auch Familien, wieder auf ihr Vereinsgelände am Fährbaum 30, mitten im Saarner Wald, ein. Das tun sie zwar regelmäßig einmal im Monat, aber für den 30./31. Juli ist ein kleines Extra-Programm vorbereitet: Der Mülheimer Traditionsverein wird 125 Jahre alt.

Es ist ein recht frischer Julimorgen mitten im Saarner Wald. Es summt nur verhalten rund um und aus den 16 Bienenkörben, die der Züchter „Bienen-Beute“ nennt. Die Bienen der Rasse „Apis carnica“ sind aber auch bei höheren Temperaturen ein ganz besonders friedliches Volk. Deshalb – und weil er ein erfahrener Imker ist – bleibt Reinhard Netzeband auch gelassen, als er demonstriert, wie der Bienenzüchter an den Honig kommt. Die Bienen sitzen in Trauben auf der Wabe, die Netzeband aus der Beute zieht, aber Stress kommt nicht auf. Schließlich heißt der Imkerverein Mülheim an der Ruhr auch gern Besucher willkommen, da wären unentspannte Bienen kontraproduktiv.

Längst kein Broterwerb mehr

Heute ist die Imkerei für die 30 aktiven Vereinsmitglieder in erster Linie ein Hobby, längst kein Broterwerb mehr. Ein Steckenpferd für die Phase, „wenn die Kinder groß und der erste Hund tot ist“, schmunzelt Reinhard Netzeband vom Vorstand. Dabei ist das jüngste Mitglied erst 19. Und ein reines Männerhobby ist die Imkerei schon längst nicht mehr: „Das hat sich in den letzen Jahren sehr verändert“, weiß Britta Vogelhuber, die erste Vorsitzende. „Die Imkerei zieht immer mehr Menschen an.“ Warum?

„Es ist doch etwas Schönes, wenn man staatenbildende Insekten beobachten kann, bei denen sich alles um die Königin dreht, die gehegt und gepflegt wird“, sagt Netzeband, der nicht müde wird, dem Laien zu erklären, wie das so ist mit den Bienchen, den Blümchen und dem Honig.

Der Schaukasten mit dem Bienenvolk ist verglast, so dass auch Ängstliche ganz nah rangehen können an die fleißigen Tierchen. Sogar die Königin, zuständig für den Nachwuchs, kann man bei der Arbeit erkennen. Auch die dreisten Wespen, die es in den Bienenstock geschafft haben, lösen keinen Stress unter den Bienen aus.

„Selbst ein Lebensmittel zu produzieren, ist natürlich auch sehr schön“, sagt Reinhard Netzeband. Neueinsteiger werden im Verein an die Hand genommen und sind „immer ganz stolz auf den ersten geschleuderten Honig“.

Erschwingliches Hobby

Ein erschwingliches Hobby, das nicht übermäßig Zeit in Anspruch nimmt, meint Reinhard Netzeband. Viele Dinge, die der Imker früher selbst bauen musste, gibt es heute fertig im Fachhandel zu kaufen. Ein großes Bienenvolk samt Beute, also dem eckigen Bienenhaus und drei Zargen (Etagen) mit bis zu 30 Waben, ist für rund 190 € zu haben. Damit kann man, Fachkenntnisse und passendes Wetter vorausgesetzt, 20 bis 40 Kilo Honig im Jahr erzeugen. „Es gibt auch kleinere Völker für 50 Euro“, sagt Britta Vogelhuber.

Im Winter lässt man die Bienen ein paar Wochen ganz in Ruhe, wenn sie genug Futter haben. Man brauche keine riesigen Flächen und: „Bienen dürfen überall gehalten werden – da gibt es keine Beschränkungen“, sagt Reinhard Netzeband. Und wer hätte gedacht, dass der Honig, den die Bienen in den Städten aus dem Pflanzennektar in Parks, Gärten, Balkonen gewinnen, abwechslungsreicher schmeckt als der aus den Monokulturen der Landwirtschaft? Honig aus verschiedenen Stadtteilen Mülheims werden die Imker, die endlich auf sommerliches Wetter hoffen, am Wochenende zum Probieren anbieten. Denn unter 14 Grad summt kein Bienchen gern herum.