Oberhausen. Nicht nur Honigbienen leben in Deutschland, sondern auch über 500 Wildbienenarten. Ihnen gibt Hans Joachim Schütz in seinem Kleingarten ein Zuhause. Ein paar Gärten weiter beheimatet Imker Herbert Lüttig mehrere tausend Honigbienen.
Eng und fensterlos ist das Hotelzimmer, doch den Gast stört das nicht. Das Hinterteil voran schiebt er sich in seiner schwarz-gelben Kluft zwischen die niedrigen Wände, eh er wieder aus der Eingangstür herausfliegt: Ja, hier will er sich einnisten, summt der Gast. Hotelier Hans Joachim Schütz ist das nur recht: In seinem Bienen-Gasthaus ist ja noch reichlich Platz.
Seit zwei Jahren steht der eigenwillige Bau in Schütz’ Parzelle im Kleingartenverein Rothebusch. Ein flaches, etwa einen Meter hohes Konstrukt unter einem schmalen Holzdach, in dem Baumscheiben dicht an dicht über Bambusstöcke und Pflanzsteine gestapelt sind. In jedes Teil hat Schütz kleine Löcher gebohrt, die Zimmer, in denen sich Wildbienen einnisten sollen.
Über 500 Bienenarten leben in Deutschland
Wer Biene sagt, meint in der Regel die Honigbiene. Sie lebt in Völkern und sorgt dafür, dass auf unsere Frühstücksbrötchen Honig kommt. In Deutschland leben allerdings sehr viel mehr Bienenarten, zwischen 500 und 570 wird geschätzt. Die meisten von ihnen werden unter dem Begriff der Wildbiene zusammengefasst. Anders als Honigbienen leben sie nicht im Volk, sondern allein.
Kaum selbst geschlüpft, suchen sich Wildbienen Brachen, Sandgruben oder morsche Baumstämme, in denen sie nisten und so viel Honig anlegen wie sie zur Ernährung ihrer Brut brauchen. Weil diese Orte in der Stadt aber rar werden, reduziert sich auch die Anzahl der Wildbienen. „Einen Frühjahrstag saßen wir in unserem Garten zwischen all den Obstbäumen und alles war still. Kein Summen war zu hören, keine Biene da“, erinnert sich der 60-jährige Schütz ans Frühjahr 2008.
Den eigenen Garten bienenfreundlich gemacht
Ein paar hundert Kilometer weiter, in Baden-Württemberg, waren in diesem Jahr zahlreiche Bienen wegen eines Insektizids gestorben, Imker klagten bundesweit über den Milzbefall ihrer Honigvölker, die monokulturelle Landwirtschaft mit ihrem kurzfristigen und einseitigen Nahrungsangebot für Bienen tat ihr Übriges. Im Fernsehen gaben Wissenschaftler Tipps, wie man seinen eigenen Garten Bienen-freundlich machen konnte: Hans Joachim Schütz baute sein Hotel. „Ich bin kein Naturfreak, ich wollte einfach nur etwas für die Bienen tun.“
Sie dankten es ihm: Noch während der Arbeiten zogen die ersten Wildbienen ein, kümmerten sich kaum um die großen Hände des Bauherrn. „Viele Menschen haben Angst vor Bienen, dabei stechen sie nur, wenn man sie angreift, nach ihnen schlägt. Sonst sind diese Tiere harmlos.“
Honigbienen leben in Völkern bis zu 70.000 Tieren
Ein paar Gärten weiter unterstreicht das Herbert Lüttig. Der Borbecker hockt zwischen seinen Kirsch- und Apfelbäumen vor einem rund drei Meter langen Häuschen, in dem hölzerne Rahmen wie in einem Buchregel nebeneinander angeordnet sind. Einen der Holzrahmen zieht Lüttig vorsichtig heraus: Hunderte Bienen krabbelt über die unebene Wabenlandschaft.
Seit 25 Jahren ist Lüttig einer von 30 Imkern in Oberhausen, weil er den Geruch von Honig und Wachs mag und ihn die Ordnung eines Bienenstaats fasziniert. Sechs Völker von je bis zu 70.000 Tieren hat er mittlerweile, in einem guten Jahr produzieren die Bienen rund 240 Kilogramm Honig, den sie aus dem Nektar von Blumen in einem Radius von bis zu fünf Kilometern um ihren Stock sammeln.
Seine Enkelkinder bringt Lüttig häufig zu seinen Bienen. „Die machen sich einen Spaß daraus, Spaziergänger zu erschrecken, indem sie Drohnen streicheln.“ Drohnen sind männliche Bienen. Viel wichtiger aber: Sie haben keinen Stachel. „Bienen sind wichtige Nutztiere, der Mensch weiß kaum noch etwas über sie“, konstatiert Lüttig. Etwa, dass nicht Bienen, sondern lediglich Wespen an die Frühstücksmarmelade gehen. Das sei zu ändern. „Man schützt nur die Arten, die man kennt.“