Mülheim. .
Diese ungewöhnlichen Möbelstücke kann man nirgendwo kaufen: Den Stehsekretär mit der Glasplatte nicht, den Holzquader, der sich auf Knopfdruck in ein TV-Möbel verwandelt, nicht, und den Schreibtisch mit der verstellbaren Platte schon gar nicht.
Gesellenstücke sind das, von Hand gefertigte Unikate frisch gebackener Tischler, die gestern bei dem Design-Wettbewerb der Tischler-Innung Mülheim, „die gute form“, mit den Plätzen drei bis eins prämiert wurden.
Diese drei Möbelstücke sind, mit zehn weiteren Gesellenstücken von jungen Leuten, die in Mülheimer Ausbildungsbetrieben gelernt haben, noch bis zum 5. August in der Kundenhalle der Sparkasse zu sehen. Am gestrigen Dienstag gab ebendort die Jury des Wettbewerbs die Preisträger bekannt: Ronja van Uem mit ihrem kirschholzfurnierten Stehsekretär und den pfiffigen seitlichen Schubladen (3.), Christian Seidel mit seinem raffinierten Holzquader aus Eiche und Mooreiche, der sich erst beim zweiten Hinsehen als TV-Board mit CD-Fächern entpuppt (2.), und Lennart Trümpler mit seinem Schreibtisch aus Eschen- und Wengenholz mit praktischer, einklappbarer Arbeitsplatte. Mit seinem Tisch kann der 25-Jährige als Gewinner im Herbst am Landeswettbewerb NRW teilnehmen, wenn die ersten Preisträger aller Tischlerinnungen des Landes gegeneinander antreten.
Bewertet wird Idee, Ausführung und Funktionalität
Die Jury bewertete nicht nur Idee und Ausführung, sondern auch die Funktionalität, die Form und die fachliche Gestaltung. „Alle lagen dicht beieinander“, lobte Michael Schmeling, der Lehrlingswart der Kreishandwerkerschaft, die Arbeit der jungen Leute.
Ausstellung "Die gute Form"
Der Beruf des Tischlers ist gefragt, auch wenn das Interesse junger Frauen in den letzten Jahren etwas nachgelassen hat. Tischlergesellinnen und -gesellen lernen drei Jahre lang. Von den 13 Gesellenstücken, die in Mülheimer Betrieben entstanden sind, wurden drei von Frauen getischlert.
Tischlerausbildung als Sprungbrett
26 Innungsbetriebe für das Tischlereihandwerk gibt es derzeit in Mülheim. Nicht alle bilden aus – und nicht alle ausgebildeten Tischlergesellen bleiben im Job. „Viele nutzen den Beruf als Sprungbrett“, weiß Manfred Meyer, Ausbildungsleiter der Kreishandwerkerschaft Mülheim/Oberhausen. Die Tischlergesellen studieren dann: Design, (Innen-)Architektur, Möbeldesign oder Holztechnik.
Die 22-jährige Ronja van Uem hat schon das erste Semester Holztechnik an der Fachhochschule in Lemgo hinter sich, Christian Seidel will möglicherweise Berufsschullehrer werden – und sein erstplatzierter Tisch wird Lennart Trümpler noch in diesem Jahr nach Berlin begleiten.
Ausbildungsleiter Manfred Meyer sieht das durchaus positiv und den Kreis damit geschlossen: „Innenarchtitekten versorgen mit ihren Entwürfen die Tischler ja auch wieder mit Arbeit“ , sagt er. Wenn auch die Zahl der Bewerber auf die Ausbildungsplätze geringer geworden seien, so kenne das Tischlerhandwerk doch noch keine Nachwuchssorgen.