Mülheim.. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) gibt es mehr Ausbildungsplätze, aber weniger geeignete Bewerber. Häufig mangele es an der Disziplin der Jugendlichen. In Mülheim gilt dies nicht für alle Ausbildungssparten.
Mehr Ausbildungsplätze, weniger geeignete Bewerber – auf diese Gegensätze lässt sich eine nun vorgestellte Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) reduzieren. Und als wichtiger Faktor für das Fehlen qualifizierter Bewerber wird dort mangelnde Disziplin angeführt. In Mülheim sieht man das etwas differenzierter.
Grundsätzlich findet Direktor Helmut Schiffer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Mülheimer Sparkasse, die ihm bekannte Situation in dem Umfrageergebnis wieder. Die Bewerbungsphase für 2012 läuft bei der Sparkasse Mülheim nun an. Und wie in jedem Jahr wollen viele junge Menschen Bankkaufleute werden: „Die Nachfrage ist nach wie vor hoch, doch die Ergebnisse werden von Jahr zu Jahr ernüchternder.“
Ergebnisse des Einstellungstests bei Banken werden stetig schlechter
Fest macht er dies etwa an dem schriftlichen Test, den Bewerber durchlaufen müssen und dessen „Grundstruktur“ seit 30 Jahren identisch ist – und der stetig schlechter ausfällt. Helmut Schiffer: „Wir hätten Pisa nicht gebraucht, um zu wissen, dass etwas im Argen liegt.“ Als nächster Schritt folgt ein persönliches Gespräch. Schiffer: „Dass von Bankkaufleuten ein gewisses Auftreten erwartet wird, ist kaum ein Geheimnis.“ So will man die Motivation der Bewerber gleich einschätzen.
All dies führte im vergangenen Jahr dazu, dass 400 Bewerbungen bei der Sparkasse eingingen und für bis zu 20 offene Lehrstellen zunächst nur sechs geeignete Auszubildende gefunden wurden. Letztlich habe man doch noch alle Stellen besetzen können, aber es habe auch Jahre gegeben, in denen nicht voll besetzt wurde. Die Qualität abzusenken – so wie es in der DIHK-Umfrage als Konsequenz angeführt wird – kommt für ihn nicht in Frage. Allerdings, betont Helmut Schiffer, „gibt es auch sehr, sehr ambitionierte Azubis, die sich sehr einbringen“.
Manieren der Kfz-Azubis haben sich gebessert
Einen anderen Blick aus einem anderen Berufsfeld hat Helmut Einig auf die Situation. Er ist Lehrlingswart der Innung für das Kraftfahrzeughandwerk Mülheim und Oberhausen und sieht im Gegensatz zur Studie eine Verbesserung: „Seit etwa zwei Jahren“, schätzt er, „hat es sich gebessert. Es war mal schlimmer.“ Azubis, denen alles egal war, die nicht zur Schule gingen, die nicht lernten, die sich bei ihm beschwerten, weil sie mal fegen sollten, gebe es heute vergleichsweise weniger. „Ich nehme auch die Gesellenprüfung ab“, berichtet Helmut Einig, „und da sieht man diesen Wandel, auch darin, wie Jungs sich geben.“
Doch nicht nur die Manieren der Kfz-Azubis haben sich laut Einig verbessert, sondern auch ihre schulischen Leistungen. Grund dafür ist seiner Meinung nach die geänderte Zwischenprüfung: War die früher praktisch bedeutungslos, zählen die dort gesammelten Punkte inzwischen für die Abschlussprüfung. „Früher hatten wir da schlechte Werte“, sagt Einig, „aber das hat sich geändert.“ Die Jungen wüssten heute um den Wert eines Ausbildungsplatzes.
Einzelhandel trifft nur auf die „ganz harten Fälle“
Als Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands trifft Marc Heistermann nur auf die „ganz harten Fälle“. Denn bis man beim Branchenverband Aufmerksamkeit bekommt, muss schon einiges passieren. In diesen konkreten Fällen spielt natürlich auch fehlenden Disziplin eine Rolle, dennoch wehrt sich Heistermann gegen „eine platte Verallgemeinerung“ und die Abstrafung aller Azubis. Er verweist auf die vorgeschaltete Probezeit, in der beide Seiten schauen, ob es passt. Das sei ein Schutz – abermals für beide Seiten. Heistermann: „Die Chemie muss ja auch stimmen. Wenn’s dann nicht klappt, hat das aber auch nicht immer etwas mit Faulheit zu tun.“