Mülheim. .
Unter den jungen Pianisten, die Alfred Brendel geprägt hat, nimmt Kit Armstrong eine Sonderstellung ein. Aus seiner besonderen Wertschätzung macht der Altmeister keinen Hehl. Kein Wunder also, dass im Rahmen der Konzertreihe zu Brendels 80. Geburtstag der erst 19-jährige Ausnahmekünstler zweimal zum Zuge kam: nach seinem Soloabend jetzt noch einmal als Kammermusiker, gemeinsam mit dem 1981 in der Ukraine geborenen Geiger Andrej Bielow und Brendels Cello spielendem Sohn Adrian, Jahrgang 1976.
Der hatte zunächst Sendepause: Am Beginn des Abends im mit vielleicht 300 Menschen nur mittelprächtig besuchten Theatersaal der Stadthalle stand Beethovens wunderbare G-Dur-Violinsonate op. 30,3, deren luzide Klangwelt Andrej Bielow und Kit Armstrong mit untrüglichem Gespür für das Spannungsverhältnis zwischen Innovationsimpuls und historisierendem Gestus („Tempo di Minuetto“) entwickelten.
Zum 200. von Liszt
Auch im Rahmen dieses Kammermusikabends gönnte sich Kit Armstrong zwei Solostücke, natürlich von Liszt, an dem ja nie ein Weg vorbeiführt, erst recht nicht im Jahr seines 200. Geburtstags, nie und nimmer. Aber mit „La leggierezza“ und „Au bord d’une source“ waren zwei Kompositionen zu hören, die für den eleganten Franz Liszt stehen, nicht für den Tastendonnerer.
Kit Armstrongs nachdenkliche, dem äußeren Effekt zutiefst misstrauende Spielweise, geradezu erschreckend reif für einen 19-Jährigen, adelte das Ganze noch. Technisch natürlich über jeden Zweifel erhaben. Einen etwas befremdlichen Eindruck hinterlässt Liszts eigene späte Trio-Bearbeitung des bekannten Klavierstücks „Vallee d‘Obermann“. Da konnte auch die engagierte Wiedergabe wenig ausrichten.
"Time flies like an arrow"
Auch als Komponist trat Kit Armstrong hervor: Als Auftragswerk des Klavier-Festivals schrieb er zu Brendels 80. Geburtstag „Time flies like an arrow“, in etwa Schillers „Die Jahre fliehen pfeilgeschwind“. Den abgehobenen Spekulationen im Programmheft über die Frage, was denn nun als Verb des Satzes zu gelten habe: „flies“, „time“ oder „like“, stand eine komfortable Überschaubarkeit des Materials und seiner Entwicklungen gegenüber. Wie auch immer, Alfred Brendel applaudierte heftig.
Wirklich wie im Flug verging die Zeit dann im letzten Werk: Beethovens erstem seiner drei Klaviertrios op. 1. Lyrisches und Launiges waren in einer inspirierten Wiedergabe auf den Punkt gebracht. Das Finale wurde als Zugabe wiederholt, Kit Armstrong steuerte noch Ligetis Etüde „Arc-en-ciel“ bei.