Herbert Schuch sprang für den erkrankten Paul Lewis ein. Statt Beethovens Diabelli-Variationen gab's ein anderes Spätwerk des Meisters: die Sonate op. 111. Dazu drei Werke aus der Konzept-CD "Nachtstücke".
Das Klavier-Festival im Pech: Die Grimaud musste absagen, Tzimon Barto ebenfalls, jetzt auch noch Paul Lewis. Intendant Franz Xaver Ohnesorg klärte das Publikum launig auf, Lewis habe wohl zu intensiv in die Noten der Diabelli-Variationen geschaut und sich eine Bindehautentzündung zugezogen. In höchsten Nöten hatte Ohnesorg die Drähte glühen lassen und kurzfristig erstklassigen Ersatz aufgetrieben. So eröffnete Herbert Schuch die „Hommage à Alfred Brendel”. Auch ein junger Pianist, den der Altmeister entscheidend prägte.
Brendel, der in der ersten Reihe des Theatersaals lauschte, erlebte einen faszinierenden Klavierabend der „Nachtstücke”. So heißt eine Konzept-CD Schuchs, aus der im ersten Teil drei Werke zu hören waren: Mozarts Adagio h-Moll, der verfrühte Fall eines romantischen Charakterstücks, Skrjabins 9. Sonate, „Schwarze Messe”, und Ravels „Gaspard de la nuit” – nicht nur in der musikalischen Imagination eines in der Abenddämmerung am Galgen Hängenden ein „rabenschwarzes Nachtgemälde” (Schuch).
Brendels Steinway
Schuch erzeugt Tiefe nicht durch Verschleiern, sondern durch klares Benennen, Ausformulieren. Bewundernswert, wie er selbst in Momenten größter pianistischer Herausforderung wie im „Scarbo” nie die gestalterische Subtilität einer vordergründigen Virtuosität opfert.
Die von Lewis vorgesehenen Diabelli-Variationen waren es nun leider nicht, aber Schuch sorgte – diesmal auf dem eigens von Steinway aus Hamburg angelieferten Brendel-Flügel – für Ersatz „auf Augenhöhe”: mit einem anderen Spätwerk Beethovens, der Sonate op. 111, von den Italienern „Il testamento” genannt, Brendel bezeichnete die Arietta als „Präludium des Verstummens”. Also auch ein Nachtstück, wenngleich man manche Stelle schon noch näher am Abgrund gehört hat.