Mülheim. . Gut 19 000 Mülheimer Haushalten macht der örtliche Energieversorger Medl zum 1. Juli das Angebot, bei ihm Gas und Strom im Doppelpack (Tarif „Doppelwatt“) zu kaufen. Die WAZ hateine Berechnungen für Musterhaushalte angestellt.
Gut 19 000 Mülheimer Haushalten macht der örtliche Energieversorger Medl zum 1. Juli das Angebot, bei ihm Gas und Strom im Doppelpack (Tarif „Doppelwatt“) zu kaufen. Die komplizierte Tarifstruktur lässt einige Verbraucher aber unsicher sein, ob das Angebot für sie lohnt. Die WAZ hat noch einmal Berechnungen für Musterhaushalte angestellt. Freilich gilt: Jeder Energieverbraucher muss selbst rechnen – und auch Prioritäten setzen, etwa beim Kundenservice.
Das Angebot der Medl
Die Medl knüpft ihr neues Strom-Angebot an ihren bestehenden Gastarif „Behaglich warm“. So kostet das Gas auch beim neuen Produkt „Doppelwatt“ 5,99 Cent/kWh. Allerdings entfällt für Kunden, die nun in den Doppelwatt-Tarif einsteigen und und der Medl ein volles Jahr lang die Treue halten, einmalig der Grundpreis (monatlich 0,92 Cent pro Kilowatt eingestellte Nennwärmebelastung).
Strom gibt’s in drei Angebotsklassen dazu: Bei einem Jahresverbrauch von 1251 bis 2500 kWh kostet die Kilowattstunde 25 Cent (Tarif S), im Tarif M (2501-3500 kWh) werden 23,50 Cent/kWh und im Tarif L (mehr als 3500 kWh) 23 Cent/kWh fällig. Einen Grundpreis gibt es nicht.
Es gilt ein für ein Jahr garantierter Nettoarbeitspreis. Steuer-, Abgaben- und Umlagenerhöhungen kann die Medl indes an die Verbraucher weitergeben. Verbraucherfreundlich: Der Liefervertrag kann binnen Monatsfrist gekündigt werden. Wer indes vor Ablauf eines Jahres kündigt, verliert den Anspruch auf den einmaligen Treuebonus in Höhe des Gas-Grundpreises.
Annahmen zur Berechnung
Für den folgenden Preisvergleich hat die WAZ folgende Vorannahmen getroffen. Bei der Gaskessel-Leistung wird ein Wert von 12,5 kW angesetzt (danach bemisst sich bei der Medl der Gas-Grundpreis). Verbraucher können die kW-Anzahl ihres Gasanschlusses ihrer Gasrechnung entnehmen. Bei angenommener Kesselleistung von 12,5 kW beliefe sich der Medl-Treuebonus auf 138 Euro. Des Weiteren bleiben beim Preisvergleich Tarife mit Vorauskasse und Kaution unberücksichtigt; Verbraucherschützer bewerten derlei Angebote (der Wirbel jüngst um Teldafax ist ein Negativbeispiel) kritisch.
Single-Haushalt
Ein Single-Haushalt verbraucht laut Verbraucherportal Verivox im Durchschnitt jährlich 1500 kWh Strom und bei einer Wohnung von 50 m2 7000 kWh Gas. Die Medl würde für den Strom 375 Euro und für das Gas 419,30 Euro in Rechnung stellen (Summe: 794,30 Euro). Verivox zählt bei Strom aktuell 19 Anbieter mit preisgünstigeren Tarifen auf. Die Ersparnis gegenüber dem Medl-Angebot kann rund 80 Euro betragen. Bei Gas liefert Eprimo (90 % der Verivox-Nutzer sind mit dem Anbieter zufrieden) die gleiche Verbrauchsmenge gar gut 200 Euro günstiger als der örtliche Versorger.
Besagter Musterhaushalt, der ohnehin schon Gas bei der Medl bezieht und nicht vorhat zu wechseln, hat praktisch den Treuebonus von 138 Euro als Subvention auf den Strompreis. Legt man diese „Subvention“ zu Grunde, kommt er selbst beim Wechsel zum preisgünstigsten Stromanbieter schlechter weg als bei einem Einstieg in „Doppelwatt“. Bei einem Wechsel von RWE („Pur Strom“) zur Medl lassen sich exakt 69,47 Euro plus einmaligen Treuebonus sparen.
Zwei-Personen-Haushalt
Angesetzt wird im Musterhaushalt ein Verbrauch von 2800 kWh Strom und 14 000 kWh Gas für 100 m2 Wohnraum. Bei der Medl würden 658 Euro für Strom und 838,60 Euro für Gas fällig (insgesamt 1496,60 Euro).
25 Stromanbieter sind laut Verivox preisgünstiger als die Medl, maximal beträgt die Preisdifferenz für 2800 kWh Strom rund 100 Euro. Bei Gas ist die Medl rund 170 Euro teurer als etwa Eprimo.
Besagter Musterhaushalt, der Gas ohnehin bei der Medl bezieht und auch nicht vorhat zu wechseln, hat praktisch den Treuebonus von 138 Euro als Subvention auf den Strompreis. Legt man diese „Subvention“ zu Grunde, kommt er selbst beim Wechsel zum preisgünstigsten Stromanbieter schlechter weg als bei einem Einstieg in „Doppelwatt“. Beim Wechsel von RWE zur Medl lassen sich 91,22 Euro zuzüglich Bonus sparen.
Familien-Haushalt
Eine Familie im Reihenhaus verbraucht im Schnitt 4000 kWh Strom und 20 000 kWh Gas. Bei der Medl würde der Strom mit 920 Euro und das Gas mit 1198 Euro zu Buche schlagen (Summe: 2218 Euro). Verivox weist bei Strom 28 Anbieter aus, die weniger Geld für die gleiche Strommenge verlangen. Die Preisdifferenz zum Medl-Tarif kann bis zu 95 Euro betragen. Beim Gas sind einige Anbieter noch weitaus günstiger als die Medl im Produkt „Behaglich warm“. Auch hier der Vergleich zu Eprimo: Dieser Anbieter ist 233,52 Euro günstiger als die Medl.
Wieder ein Blick auf die Haushalte, die bei der Medl Gas beziehen und daran nichts ändern wollen. Der Treuebonus von „Doppelwatt“ (138 Euro) subventioniert dann praktisch den Strompreis. Legt man diese „Subvention“ zu Grunde, kommen Verbraucher auch beim Wechsel zum preisgünstigsten Stromanbieter schlechter weg als bei einem Einstieg in „Doppelwatt“. Der Wechsel von RWE („Pur Strom“) zur Medl bringt 110,54 Euro Ersparnis plus Einmalbonus.
Vertragsinhalte genau prüfen!
Die Tarife von Energieversorgern werden in ihrer Struktur immer undurchsichtiger. Das macht Vergleiche für Verbraucher schwer. Auf jeden Fall im Blick haben sollten Kunden auch die Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen. Etwa locken einige Anbieter wechselwillige Verbraucher mit kräftigen Einmal-Boni, machen aber eine Vertragsbindung von zwei Jahren zur Pflicht. Im zweiten Jahr dann wird’s mitunter teuer.