Mülheim. . Als Theodor Suhnel die Häuser in der Roeschstraße baute, war er gerade einmal 25 Jahre alt. Genau 100 Jahre später wollen die Bewohner „seiner“ Häuser mit einem Nachbarschaftsfest an ihn und seine Baukunst erinnern.

Gisela Kreyßig erinnert sich noch genau: 1955 zog sie mit ihrem Mann in die Suhnel-Siedlung, das Haus hatte ihren Schwiegereltern gehört. „Mein Schwiegervater war Bauherr“, sagt sie und nimmt auf der Bank vor Hausnummer 13 Platz. Ein ganzes Jahrhundert ist der Bau dieser Häuser schon her. Damals arbeitete der junge Architekt Theodor Suhnel gerade ein Jahr auf seiner neuen Stelle im Mülheimer Stadtbauamt.

Heute wohnt Gisela Kreyßig zwar nicht mehr in der ­Roeschstraße, erinnert sich aber gerne an die schöne Zeit. Gemeinsam mit ihren Nachbarn blickt sie auf SchwarzWeiß-Aufnahmen aus den Zwanzigerjahren – da war ihr Mann noch ein kleiner Junge. „Es hat sich viel verändert“, stellt Gisela Kreyßig fest. „Früher fuhren Milch- und Gemüsehändler durch die Straßen, alles war grün und nicht so bebaut.“

Häuser für Stadtbeschäftigte

Nur die Häuserzeile 1 bis 17 scheint dem Wandel getrotzt zu haben. Zwei Weltkriege, die Besetzung durch britische Soldaten und viele Besitzerwechsel hat sie überstanden – den typischen Charakter haben die Häuser behalten. „Nur der weiße Zaun ist verschwunden, auch die Säulen vor den Eingängen“, erklärt Gisela Kreyßig.

„Jedes Haus ist von innen unterschiedlich aufgeteilt“, meinen Antje und Hans-Carl von Hülsen, die zum Nachbarschaftsfest in ihren Vorgarten geladen haben. Und erklären: „Suhnel baute die Häuser damals für Stadtbeschäftigte – diese durften mitbestimmen, wie der Innenraum gestaltet wird.“

Was prägt den Suhnel-Stil? „Elemente wie die Sprossenfenster, der schlichte Stil und die großzügige Gestaltung“, meint Antje von Hülsen. Nachbarin Annette Baumann ergänzt: „Die Häuser sind etwa 200 Quadratmeter groß und bieten für ein Reihenhaus sehr viel Platz.“ Heute leben Jung und Alt in den Häusern nebeneinander und pflegen ihre gute Nachbarschaft mit Kaffee, Kuchen. Später am Abend mit Bier und Würstchen vom Grill. „Vielleicht machen wir das jetzt öfter“, lachen die Organisatorinnen Annette Baumann und Antje von Hülsen.

Im Auftrag von Krupp

Selbst hat Theodor Suhnel nicht in einem der Roeschstraßen-Häuser gewohnt. Dafür zog er mit seiner Familie aber in ein selbst gestaltetes Haus am Kahlenberg. Denn auch hier entwarf der Architekt Einfamilienhäuser. Überhaupt prägt seine Handschrift viele Stellen der Stadt: So entwarf er Bauten an der Von-Bock-, der Paul-Essers-Straße, am Steilen Weg oder an der Kirchbergshöhe.

Ab 1918 war er außerdem als Architekt am Bau der Krupp-Häuser in der Siedlung Heimaterde beteiligt – eines seiner größten Projekte. Am 30. Mai 1965 starb er in Mülheim. Seine letzte Ruhe- ist übrigens gleichzeitig eine seiner Wirkungsstätten: Die Hochbauten des Mülheimer Hauptfriedhofs hat Theodor Suhnel ebenfalls entworfen.