Mülheim. . Der Ringlokschuppen und “kainkollektiv“ bieten Stadtrundgänge zu ganz gewöhnlichen, aber dennoch besonderen Orten in Mülheim an: Das Gelände der FH, Brachen im Hafen, aber auch ein “Trip um die Welt“ in Eppinghofen stehen auf dem Programm.

Kultur geht raus – zu den Orten und Menschen in Mülheim, die den Alltag ausmachen: heute, gestern und morgen. „StadtRandFluss“ ist ein neues Format überschrieben, das der Ringlokschuppen mit „kainkollektiv“ ins Leben gerufen hat. Aufgerufen sind die Mülheimer: Vier Stadtrundgänge der anderen Art werden am Sonntag, 8. Mai, angeboten. Vier unterschiedliche Spaziergänge führen in bekanntes, aber auch verborgenes Terrain, das vielfach nur „Insider“ kennen.

Und genau diese Experten sind es, die eine neue Sichtweise auf die Stadt aufmachen. Oder umgekehrt: Wolfgang Pins will sich von den Teilnehmern überraschen lassen, was ihre Sicht auf die Dinge ist. Bei der Tour des Forum-Managers vom geplanten Ruhrbanium in die City „ist Handel sicherlich ein Thema“, sagt Wolfgang Pins mit Blick auf die Lage der Innenstadt. In den 70er und 80er Jahren sei Mülheim einmal „die Kö der Ruhr“, die Einkaufsstadt des Ruhrgebietes, gewesen. Ein Ruf, der inzwischen längst verhaucht ist. Das Problem sei auch, „dass große Handelstreibende, ja selbst Konzerne, ein bisschen das Interesse an der Stadt verloren haben“, so Pins.

Dritte Tour führt in "unbekanntes Land"

Was Mülheim dagegen an Natur und landschaftlicher Schönheit zu bieten hat, „ist fast Alleinstellungsmerkmal“, ist Thorald vom Berg überzeugt. Der Umweltschützer vom BUND will bei seiner Tour den Blick dafür öffnen, aber auch kritische Fragen aufwerfen, „wie sensibel gehen wir mit diesen Flächen um?“ Die Stadt müsse lernen, kreativ damit umzugehen und deren Qualität sichern, besonders nicht mehr genutztes Gelände, „wo sich aus Sicht des Natur- und Artenschutzes so einiges tut“. Es müsse niemand neidisch zum Duisburger Landschaftspark Nord schielen: „So etwas haben wir hier vor der Tür“, betont vom Berg. Stationen seiner Tour sind u.a. das Gelände der FH, Brachen im Hafen und klassische Naturschutzflächen wie die Wassergewinnungsfläche von RWW.

Die dritte Tour wird manchen Mülheimer in ein „unbekanntes Land“ führen. Eine überraschende Vielfalt ist in Eppinghofen, im „Zentrum der Migranten“, garantiert. Und das beginnt laut Fikret Vural von der RAA direkt hinter dem Forum, dem „Checkpoint“. Bei seiner Tour erwartet die Teilnehmer ein Trip um die Welt in ein paar Stunden: in türkische, russische, afrikanische und indische Läden, wo es schöne Stoffe und Kleider gibt, in Teestuben oder zum Friseur, wo es einen sinnlichen Einblick in fremde Kulturen gibt – haarklein.

Mit dem Fahrrad auf die Piste

Dem kulturellen Reichtum steht die nackte Armut gegenüber: Mit der Armutsschere im Ruhrgebiet Nord-Süd hat sich Volker Kersting wissenschaftlich beschäftigt. Dabei hat der Mitarbeiter der Stadt im Bereich „Stadtforschung und Statistik“ festgestellt, dass die Polarisierung in Mülheim am höchsten ist: Das größte Gefälle zwischen arm und reich im Revier klafft zwischen Styrum und Speldorf-Ost. Bei seiner Tour, u.a. mit einem Moscheebesuch in Styrum, geht’s mit dem Fahrrad auf die Piste.

„Kainkollektiv“ arbeitet seit fünf Jahren mit dem Ringlokschuppen zusammen. Pate für „StadtRandFluss“ stand die Reihe „Stadt ohne Geld“, die „kainkollektiv“ am Schauspiel Dortmund bereits erprobt hat. In Mülheim sind es „persönliche Spaziergänge und Expertenwissen am konkreten Beispiel“, erläutert Fabian Lettow. Man wolle einen offenen Diskurs lostreten, Fragen aufwerfen. Was Innenstadt und Stadtplanung angehe, „wirken ungleich größere Kräfte“, sagt Dramaturg Matthias Frense. Dies könne mit solch einem Projekt nicht in Gänze behandelt werden, geschweige denn zu Lösungen führen.