Mülheim. . Viele Kunden verließen das Vodafone-Geschäft an der Schloßstraße mit mehr, als sie wollten. Ungewollte und unnötige Verträge gingen in über 15 Fällen an meist ältere Kunden. Vodafone will die Fälle nun prüfen und bittet Betroffene um Meldung.
Zwei Sätze fallen bei Mülheimern, die sich im Vodafone-Geschäft an der Schloßstraße beraten ließen, immer wieder: „Ich wollte nur ein neues Telefon kaufen“ und „Wie konnte ich nur so gutgläubig sein?“ Denn die meisten von ihnen verließen die Filiale mit mehr als sie wollten, und ohne dass es ihnen bewusst war: Ungewollte Superwochenend-Verträge, Internetflatrates – ohne einen Computer zu besitzen – und Zweithandy-Verträge (obwohl kein zweites Handy vorhanden) gingen an den Mann oder die Frau. Vorzugsweise an ältere Menschen, die auf die „fachliche Beratung“ in diesem Laden vertrauten.
Unberechtigtes Vertrauen
Offenbar war dieses Vertrauen nicht berechtigt, wie sich in über 15 der WAZ bekannten Fällen herausstellte. Von „offenbarer Fehlberatung in dieser Filiale“ spricht nun selbst eine Vodafone-Sprecherin der Düsseldorfer Zentrale zumindest in dem Fall einer 93-jährigen Mülheimerin (wir berichteten), der die Meldungen weiterer Betroffener nach sich zog.
Vertraut hatte den Beratern an der Schloßstraße aber auch Gerda G.: Sie wollte zu Vodafone wechseln und ein neues schnurloses Telefon. Damit könne sie kostenlos telefonieren, bis der Anschluss übertragen sei, versicherte man ihr. Die 86-Jährige wies mehrfach darauf hin, die Verträge nicht lesen zu können, „aber ich vertraue ihnen“. Im nächsten Monat kam jedoch die Rechnung von Vodafone: über 64 Euro. Sie hatte, ohne es zu wollen, einen zweiten Handyvertrag unterschrieben.
Ohne Nutzen
Diese „Neigung“, Zweitverträge zu vermitteln, erlebten viele Mülheimer, so auch die 81-jährige Mülheimerin O.: „Ich wollte ein neues Prepaid-Handy.“ Das Neue sollte es aber nur mit Vertrag geben – plus einen Zweitvertrag, den sie mit unterschrieb, ohne es zu realisieren und ohne einen Nutzen davon zu haben.
Weil das Seniorentelefon von Doris S. (66) keinen Empfang mehr hatte, stieg sie im Vodafone-Laden um ins Festnetz. Man verkaufte ihr gleich noch DSL dazu, obwohl S. gar keinen Computer hat. „Das habe ich im Geschäft auch gesagt.“ Egal, habe man dort gemeint, es ginge sowieso nicht preiswerter, Doris S. solle ruhig unterschreiben. Das zusätzliche „Surf-Sofort-Paket“ für ein Handy, das die Dame nicht besitzt, habe aber niemand erwähnt, so S. Dafür wurden monatlich rund 56 Euro fällig.
„Ich bin betrogen worden“
Selbst schuld? Auf sage und schreibe sechs neue Handyverträge brachte es Rolf G. Der 58-Jährige benötigte aber nur zwei sowie eine Internetflatrate für das Festnetz und Handy. Doch offenbar wollte man an der Schloßstraße mehr: Jedes Mal, wenn sich G. im Geschäft nach der Umstellung auf die Flatrate erkundigte, teilte ihm ein Mitarbeiter mit, dass er etwas „umändern“ müsse. Und jedes Mal gab der 58-Jährige dafür seine Unterschrift. Dass damit weitere Handyverträge abgeschlossen wurden, sei, so die Aussage von G., nie ein Thema gewesen. Kosten: 150 Euro. „Ich bin betrogen worden“, ist G. überzeugt, „das ist das richtige Wort.“
Ob die Gier nach Provisionen ausschlaggebend für Fehlberatung an der Schloßstraße war, will die Düsseldorfer Zentrale auch in weiteren Fällen prüfen und bittet Betroffene um Meldung. Dies würde personelle Konsequenzen oder sogar die Schließung der Filiale nach sich ziehen, so heißt es aus Düsseldorf, „wenn sich herausstellte, dass es sich um das Gebaren einzelner Mitarbeiter oder gar um ein Geschäftsgebaren handelt“.